Südwest Presse: Nackt im Internet
Archivmeldung vom 24.09.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Internet gibt es eine Währung, und die heißt nicht Euro, Dollar oder Renminbi. Nutzer bezahlen die Dienste etwa des Online-Netzwerks Facebook mit Informationen über sich selbst. An den weltweit 800 Millionen Mitgliedern verdient Facebook Milliarden. Das Wissen wird an die Industrie verkauft, Firmen buhlen um Werbeplätze auf den Seiten. Dies sollten auch die 4,3 Millionen Deutschen wissen, die dort plaudern, flirten, sich informieren und unterhalten lassen.
In einigen Wochen wird es zwar noch viel mehr Angebote auf den Seiten geben. Aber im Internet ist nichts umsonst - auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Facebook wird zum Terminplaner, den andere einsehen. Zur Bewertungsplattform, die Freunde beeinflusst. Zum Tagebuch, das für Bekannte offen steht. Nutzer präsentieren sich selbst digital nackt in Wort, Bild und Film. Facebook macht die Nutzer zu Exhibitionisten und Voyeuristen gleichermaßen. Wie in einem Gespräch ist es schwer, die Kommunikation einfach zu unterbrechen. Viele Nutzer melden sich mehrfach täglich an, schreiben auch während der Arbeit. Genau diese Abhängigkeit, die möglichst permanente Anwesenheit, will Facebook erreichen. Niemand braucht mehr Google und Twitter. Auf Datenschützer sollte sich dabei keiner verlassen. Wie in der Geschichte von Hase und Igel rennen sie stets hinterher. Das einzige, was etwas hilft: Öfters den gut versteckten Abmelde-Knopf suchen.
Quelle: Südwest Presse (ots)