Allg. Zeitung Mainz: Ein Spielball (Kommentar zu Kliniken)
Archivmeldung vom 03.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Drittel der gut 2000 kleineren Krankenhäuser ist in die roten Zahlen gerutscht. Dem Rest geht es auch nicht gut. Das Geld reicht vorne und hinten nicht. Es wird an allen Ecken und Kanten gespart, trotzdem droht vielen Einrichtungen die Pleite.
Die Patienten fühlen sich allzu oft nicht gut aufgehoben, weil Ärzte und Pflegepersonal zu wenig Zeit haben, sich um die Kranken zu kümmern. Ein Teil der Probleme ist hausgemacht. Einige Kliniken haben viel zu spät modernisiert und nicht auf die Kosten geachtet. Wahrscheinlich ist auch die Zeit vorbei, in der jedes Haus alle Leistungen von der Blinddarmoperation bis zum komplizierten Eingriff am Knie vorhalten sollte. Spezialisierungen erhöhen die Qualität und senken den Aufwand. Ein gehöriges Maß Mitschuld tragen aber auch Bund und Länder. Die Gesundheitsreformen haben die Krankenhäuser gehörig unter finanziellen Druck gesetzt. Womöglich ist Ministerin Schmidt über das Ziel hinausgeschossen. Die aktuelle Bereitschaft zur Zahlung von Milliardenbeträgen spricht dafür. Die Länder haben für medizinische Ausstattungen bereitgestellte Beträge oft genug in Baumaßnahmen gesteckt, die sie eigentlich aus anderen Töpfen hätten bezahlen müssen. So hat jeder ein Stück zur Krise der Krankenhäuser beigetragen. Das ändert nichts am Befund. Die Häuser benötigen dringend viel Geld, wenn kommunale Einrichtungen im deutschen Gesundheitssystem eine Zukunft haben sollen. Eines ist aber auch klar: Ein flächendeckendes Kliniksystem kostet mehr Geld als bisher geplant war. Die Krankenversicherung wird damit noch teurer als sie bereits ist. Der Streit muss bald beigelegt werden, sonst werden die Kliniken zum Spielball der Politik im Wahlkampf. Diese Schlacht fände dann buchstäblich auf dem Rücken der Patienten statt.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz