Lausitzer Rundschau: Schauprozess in Tripolis
Archivmeldung vom 12.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGesichtswahrung statt Gerechtigkeit in Libyen. Das Gerichtsverfahren gegen die fünf bulgarischen Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt war von Beginn an ein Schauprozess. Schon vor langer Zeit hatten internationale Gutachter die Angeklagten von dem Vorwurf entlastet, mehr als 400 Kinder in einem libyschen Krankenhaus mit dem HI-Virus angesteckt zu haben. Die Richter, welche nun erneut das Todesurteil bestätigten, interessierte diese Expertenmeinung nicht.
Libyens Justiz, die bekanntermaßen alles andere als rechtsstaatlich
vorgeht, brauchte schlichtweg einen Sündenbock. Denn die Empörung im
Volk über den Aidsskandal in Benghazi, der zweitgrößten Stadt
Libyens, ist bis heute groß. So groß, dass der Zorn über behördliche
Schlampereien im Gesundheitswesen und katastrophale hygienische
Verhältnisse auch den Machthabenden hätte gefährlich werden können.
Dies erklärt, warum sich Staatschef Gaddafi, der bis heute in dem
nordafrikanischen Land die Strippen zieht, so schwer mit einer Lösung
des Falles tut. Auch wenn alles darauf hindeutet, dass es noch
Hoffnung für die Verurteilten gibt. Und sie im Zuge eines
"Gnadenaktes" vielleicht bald - und nach mehr als acht Jahren im
Gefängnis - nach Bulgarien abgeschoben werden.
Man muss in jedem Falle anerkennen, dass die EU seit Jahren mit
stiller Diplomatie und auch humanitärer Hilfe für einen glücklichen
Ausgang dieses Dramas kämpft. Und sich bemüht, dem früheren Schurken
Gaddafi, der eine vorsichtige Annäherung an den Westen sucht, eine
goldene Brücke zu bauen. Natürlich auch vor dem Hintergrund, dass
Libyen einer der wichtigen Erdöl- und Gaslieferanten Europas ist.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau