Rheinische Post: Vertraut den Genies!
Archivmeldung vom 05.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDeutschland freut sich, weil ein Deutscher den Nobelpreis gewonnen hat. Recht so. Vor allem freuen sich Bundesbildungsministerin Bulmahn und Bayerns Ministerpräsident Stoiber, weil sich die Ehrung des Deutschen, der in Deutschland arbeitet, als Bestätigung eigener Forschungspolitik verkaufen lässt. Verständlich, aber nicht dienlich.
Denn die taktischen "Wir sind Spitze"-Beteuerungen verschleiern, dass
wir den stolzen Tag eben nicht Programmen, Strukturen und
Ausstattungen verdanken, sondern ihm: dem Genius des
Wissenschaftlers.
Spitzenleistungen sind Spitzenleistungen einzelner Forscher. Theodor
Hänsch, der unermüdlich Genial-Kreative, ist ein Beispiel dafür, der
Medizinnobelpreisträger Barry Marshall ein anderes. Er infizierte
sich selbst mit dem Erreger der Magenschleimhautentzündung, um seine
Thesen zu belegen. Weil er entschlossen war, nicht weil ein
Förderprogramm den Selbstversuch vorschrieb. Bildungspolitik, die die
Elite im Land haben und halten will, muss das anerkennen und
handeln. Sie muss es Spitzenforschern erlauben, ihre Talente optimal
einzubringen und sich anderswo herauszuhalten. Die wenigen begnadeten
Professoren sollen nicht lehren müssen, nicht jeden Schritt und jede
Ausgabe schriftlich begründen müssen. Eliteförderung fordert den Mut
zu individuellen Lösungen, braucht das Vertrauen in den
Forschergenius des Einzelnen.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post