Börsen-Zeitung: Pauschalverurteilung
Archivmeldung vom 12.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat in ihrem Schwarzbuch 2008 erneut die mangelnde Transparenz bei Strukturen, Kosten und Kursbildung von Anlagezertifikaten beklagt. Es ist gut, dass es Verbraucherschützer gibt.
Ohne die Aktionärsschützer würden viele Missstände nicht aufgedeckt und keine Änderungen erzwungen. Sicherlich müssen die Verbraucherschützer auch plakativ sein, um Gehör zu finden.
Eine Generalverurteilung ist allerdings fehl am Platze. Es hilft der Sache nicht und verunsichert die Anleger. So wird in dem aktuellen Schwarzbuch beispielsweise aus den genehmigten Mistrades, also Fehlorders, eine willkürliche Maßnahme der Emittenten gemacht, Käufe oder Verkäufe der Privatanleger nach Belieben rückgängig zu machen. Tatsächlich treten Mistrades nur im Promillebereich auf und werden wie auch bei anderen Assetklassen nach festen Regeln der Börsen rückgängig gemacht.
Der Generalvorwurf der SdK, dass Anlagezertifikate eine Gebührenfalle seien, bei der Emittenten übertrieben hohe Margen nehmen, kann sicherlich so nicht stehen gelassen werden. Der Markt der Flow-Produkte wie Discount-Zertifikate oder Bonusprodukte, der rund 50% der Assets under Management repräsentiert, unterliegt einem hohen Wettbewerbsdruck und lässt nur sehr geringe Gewinnmargen zu. Bei den margenstarken Garantieprodukten geht der überwiegende Teil an den Vertrieb und weniger an den Emittenten selbst. Die Kostenstruktur hat sich seit der Umsetzung der MiFid im November vergangenen Jahres stark verbessert und liefert bei einer konsequenten Umsetzung aller Banken eine für den Anleger ausreichende Transparenz.
Andererseits gibt es genügend Raum für Verbesserungen von Seiten des neuen Deutschen Derivate Verbandes und der Banken. So muss die Handelbarkeit der Produkte während der Problemzeiten weiter verbessert werden. Zertifikate sind schließlich keine Schönwetterprodukte. Der vor etwas mehr als einem Jahr verabschiedete Derivate-Kodex mit seinen Wohlverhaltensregeln ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch ohne Sanktionierungsmöglichkeiten bei Verstößen bleibt er ein Papiertiger, und immer wieder wird der Ruf nach Regulierung des Marktes durch den Gesetzgeber laut. Hier ist mehr Eigeninitiative gefordert.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Armin Schmitz)