Lausitzer Rundschau: Deutschland zwischen Wirtschaftskrise und Wahlkampf
Archivmeldung vom 15.01.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas war am Mittwoch eine Premiere der Großen Koalition: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr SPD-Herausforderer, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, lieferten sich im Parlament einen verbalen Konkurrenzkampf um das gleiche Thema - und selbstverständlich darüber, wer die bessere Figur in der Krise macht.
Einen deutlichen Sieger hat es nicht gegeben. Dafür ist aber durch den Auftritt der beiden Polit-Elefanten etwas anderes klar geworden: Es wird ein überaus schwieriger Bundestagswahlkampf werden, den die Koalitionäre zu bestreiten haben. Bei den Rezepten zur Abmilderung der Rezession liegen sie nahe beieinander. Einvernehmlich große Probleme zu lösen und gleichzeitig Profil zu entwickeln, das ist selbst für gewiefte Parteiprofis eine Herkulesaufgabe. Die Probleme sind mit dem Konjunkturpaket II zwar nicht gelöst, aber von der Koalition so gut es eben geht angegangen. Sehr sachlich, ohne die sonst üblichen Hahnenkämpfe von Union und SPD. Das hat beiden Seiten genutzt. Dem Bürger wird es daher schwer zu vermitteln sein, warum diese Koalition nicht auch nach der Wahl weiterregieren soll. Zumal mit dem 31. Dezember 2009 die Krise nicht beendet sein wird. Glaubt man den Analysten und Prognostikern, dürfte das kommende Jahr ökonomisch ähnlich schwierig werden. Und vertraut man zugleich den politischen Psychologen, setzt der Wähler in solch unsicheren Zeiten vor allem auf Sicherheit, was das Geschäft der Regierungsparteien erleichtert und das der Opposition erschwert. Im Bundestag wurde schon am Mittwoch deutlich, dass trotz lauten Gepolters FDP, Linke und Grüne ihre Mühe haben, überzeugende Alternativen zum Vorgehen der Koalition zu bieten. Im Wahlkampf wird das nicht anders werden. Der Regierung erst lauthals vorzuwerfen, sie tue im europäischen Vergleich zu wenig, und wenn sie dann handelt, auch das nur besserwisserisch zu verdammen, ist kein probater Ansatz. Insbesondere die Linke bekommt dies bereits in den Umfragen zu spüren. Auch wenn die Gleichung stimmen sollte, dass schwierige Zeiten nun mal Kanzlerzeiten sind, wird das Jahr für Merkel kein Selbstläufer mehr. Die Krise ist so dramatisch, dass trotz Konjunkturstützen die Folgen am Ende auch der Regierungschefin und ihrem ungefähren, pragmatischen Politikstil angelastet werden könnten. Steinmeier wird zugleich versuchen, sich als der bessere, erfahrenere Manager darzustellen. Union und SPD würden sich im Krisenwahlkampf allerdings einen Gefallen tun, wenn sie nicht künstlich Gegensätze beschwören, wo keine sind, sondern die Auseinandersetzung eher sachlich angehen.
Quelle: Lausitzer Rundschau