LVZ: Gesundheitsreform/Koalitionsstreit
Archivmeldung vom 04.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHeute noch nichts Neues zur Gesundheitsreform gehört? Doch, doch, es gibt Neuigkeiten: Das schwarz-rote Großexperiment mit Knatschgarantie soll ein positiveres Image bekommen. Künftig laufen die Bastelstunden der Berliner Klempnertruppe als öffentliche Unterhaltungssendung mit dem Titel "Wünsch dir was".
Da wünschen sich die reichen Unionsländer, dass Ministerin Ulla
Schmidt endlich verlässliche Zahlen auf den Tisch legt, was der
Gesundheitsfonds inklusive Risiken und Nebenwirkungen denn nun
wirklich kosten soll. Als ob die Meisterin im Nebelkerzen-Weitwurf an
einer unumstößlichen Klarheit interessiert wäre. Frau Schmidt
wiederum wünscht sich, dass nun mal Schluss sei mit all den
Nachbesserungswünschen. Klar, schließlich hängt auch ihr Verbleib im
Kabinett vom Gelingen des Reformwerkes ab, der Schmidtsche Stuhl hat
schon mal sicherer gestanden. Und der entnervte CDU-Generalsekretär
Ronald Pofalla wünscht sich nur noch, dass SPD-Plaudertasche Karl
Lauterbach endlich mal die Klappe hält. Da glaubt wohl wirklich noch
einer an Weihnachtsmann und Osterhasen zugleich: Eher heiratet der
Papst, als dass der selbstgefällige Medizinmann mit der Lizenz zum
Pöbeln verstummen wird.
Nein, nirgendwo sonst zeigt sich die Gegensätzlichkeit der
Unvereinbaren auf der Regierungsbank so deutlich wie in diesem
Reformtheater. Auf Teufel komm raus soll zusammengefügt werden, was
nicht zusammengehört. Hauptsache, ein jeder kann sein Gesicht wahren
und im nächsten Wahlkampf die Schuld beim anderen suchen. Motto: Mit
uns allein wäre das nicht passiert, die nächste Gesundheitsreform
wird garantiert besser.
Von Michail Gorbatschow stammt der weise Ratschlag, man müsse den
Faden nur geduldig entwirren, dann würde er auch nicht reißen. Nur in
Berlin und in den Bundesländern haben immer weniger Lust an der
geduldigen Detailarbeit. Es geht zunehmend ums Ganze, um die Richtung
zu mehr Eigenvorsorge oder mehr Staatsmedizin. Dabei ist der
verschärfte Tonfall hausgemacht. Die Kompromisswerkstatt hat bislang
Ergebnisse produziert wie den umstrittenen Basistarif bei den
Privatkassen, die Stoibersche Konvergenzklausel oder den aufgeblähten
Gesundheitsfonds mit all seinen Fallstricken. Welcher Abgeordnete
kann das noch verstehen, geschweige den Menschen in seinem Wahlkreis
erklären?
Dennoch sollte man nicht zu sehr auf das Wunder von Berlin hoffen.
Der selbstgemachte Handlungsdruck ist zu groß, die übrigen
Beschäftigungsfelder der großen Koalition zu klein: Irgendetwas zum
Thema Gesundheit wird wohl am ersten April in Kraft treten. Auch wenn
viele dabei nur noch an einen bösen Aprilscherz denken.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung