Westfälische Rundschau: WR-Kommentar zum möglichen Einsatz deutscher Soldaten im Libanon
Archivmeldung vom 05.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittManche Einladung endet im Desaster, weil entweder der Zweck oder die Form des Anlasses zuvor im Ungefähren blieb. Ein kluger Mensch erkundigt sich darum vorher, warum er wo und in welchem Aufzug erscheinen soll.
Israels Ministerpräsident Ehud Olmert hat Deutschland eingeladen,
sich an einer internationalen Friedenstruppe im Libanon zu
beteiligen. Nun ist es einigermaßen bizarr, wenn Israels
Regierungschef per Interview ausländische Truppen für einen Einsatz
in seinem Nachbarland zusammentrommelt. Gleichwohl freut sich
hierzulande mancher über die seltsame Offerte aus Jerusalem.
Interessanterweise sind es vor allem konservative
(Militär-)Politiker, die darauf hinweisen, dass nun jedenfalls keine
"historischen" Gründe mehr gegen einen Bundeswehreinsatz im Nahen
Osten sprächen - ganz so, als wäre ein deutscher Kampfeinsatz im
Libanonen eine Art Kompensationsgeschäft: Deutschland liefert
militärischen Beistand, Israel die regierungsamtliche Bestätigung
dafür, dass jetzt alles "normal" sei in den beiderseitigen
Beziehungen.
Abgesehen davon, dass es eine solche "Normalität" vor dem
Hintergrund des Holocaust niemals geben wird; abgesehen von der
Frage, ob Deutschland überhaupt in der Lage wäre, der "Einladung"
Israels zu folgen: Was könnte und was sollte die Bundeswehr im
Libanon tun? Ist es vorstellbar, dass junge deutsche Soldaten, schwer
bewaffnet, Jagd auf Hisbollah-Kämpfer machen? Dass ein deutscher
Hauptmann der Weltpresse erklärt, man habe beim Angriff auf eine
Hisbollah-Raketenstellung versehentlich leider zahlreiche
libanesische Frauen und Kinder getötet?
Oder würden die deutschen und all die anderen Friedenskämpfer
doch erst anrücken, wenn die israelische Armee die Hisbollah schon
erledigt hat? Mit welchem Ziel fordert die internationale
Staatengemeinschaft dann aber einen schnellen Waffenstillstand?
Womöglich fragt sich das auch Israels Premier Olmert. Und deshalb ist
sein Vorstoß auch keine wirkliche Einladung - sondern eine
Bloßstellung der vielerorts dröhnenden Ohnmacht.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Rundschau