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BERLINER MORGENPOST: Platzeck darf sich keine Panne mehr leisten

Archivmeldung vom 28.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit fünf Ministern von der SPD ist Matthias Platzeck vor anderthalb Jahren in seinem rot-roten Kabinett in Potsdam gestartet. Am Donnerstag hat er bereits den dritten Ressortchef verloren. Erst ging Infrastrukturministerin Jutta Lieske aus persönlichen Gründen. Dann folgte nach wochenlanger Hängepartie und einer unappetitlichen Affäre Innenminister Rainer Speer. Und jetzt wirft Bildungsminister Holger Rupprecht das Handtuch, weil er so dumm und eitel war, sich für den privaten Winterurlaub von einem Autohaus einen 100.000-Euro-BMW für lau geben zu lassen.

Peinlich seine Entschuldigungen: Er habe testen wollen, ob sich das Allradgefährt nicht besser als Dienstwagen eigne. Das klingt fast so, als habe er sich für die Zukunft des Landes wappnen wollen. Geländewagen für alle, dafür spart sich das klamme Land die Reparatur von Straßen in entlegenen Regionen. An Platzecks Position geht der Exodus seiner eigenen Leute nicht spurlos vorüber. Gerade hatte sich der beliebte Landesvater wieder hochgerappelt, nachdem er zu lange gezaudert hatte, seinem Freund Speer die Unterstützung zu entziehen. Große Pläne will der Ministerpräsident nun schmieden. Eine Vision für Brandenburg 2030 will er entwickeln, Landkreise neu schneidern, Verwaltung verkleinern, die Infrastruktur entsprechend dem Bevölkerungsschwund schrumpfen, um mit dem künftig knapperen Budget auszukommen. Das alles sind die richtigen Themen für Brandenburg, über die zu diskutieren lohnt. Aber immer wieder grätschen seine Leute ihm dazwischen. Platzeck versteht immer noch nicht, mit solchen Affären umzugehen. Wieder hat er sich treiben lassen, anstatt Tatkraft zu beweisen und die Sache so zu bereinigen, wie sie ausgehen musste: mit einem Rücktritt. Die SPD überließ die Entscheidung quasi dem Staatsanwalt. Wenn der Anklage erhebe, müsse der Bildungsminister gehen, hieß es. Jeder Strafverfolger musste da in die Spur gehen, um nicht den Verdacht zu erwecken, er schone "die da oben". Die Menschen reagieren zu Recht sensibel, wenn sie den Eindruck haben, ihre Politiker sicherten sich Privilegien, die ihnen nicht zustehen. Das gilt erst recht für eine rot-rote Regierung, die sich das Soziale auf die Fahne geschrieben hat. Nicht bezahlte Alimente wie im Falle Speer oder eine Gratis-Spritztour im Luxus-Auto wie bei Rupprecht stehen in deutlichem Kontrast zu dem, was SPD und die Linke predigen. Aber die Selbstverständlichkeit der Macht scheint nach 20 Jahren an der Regierung vielen Sozialdemokraten den Sinn dafür vernebelt zu haben, was man als Spitzenpolitiker eben einfach nicht macht. Der SPD fehlt der Druck, weil niemand in der Opposition sie wirklich herausfordert und alle anderen Parteien sich als möglicher Koalitionspartner der "Brandenburg-Partei" sehen. Während die Linke in der Regierung nach dem desaströsen Start und den diversen Stasi-Verstrickungen jetzt in die Spur gefunden hat, können sich der Ministerpräsident und seine SPD keine weitere Panne mehr leisten. Regierungskunst besteht auch darin, untadeliges Personal auszuwählen. In dieser Disziplin zeigt Platzeck Schwächen, die seine eigene Position gefährden.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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