Börsen-Zeitung: Freenet am Zug
Archivmeldung vom 02.06.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Kursfantasie bei Freenet war monatelang nur von der Erwartung einer Sonderausschüttung hochgehalten worden. Der Versuch, auch operativ mit intelligenten Bündelprodukten zu punkten, war durch massive Querschüsse im Fusionsprozess zunichte gemacht worden. Zahlreiche Anfechtungsklagen hatten die Rückintegration von Freenet zu einer unendlichen Geschichte gemacht.
Zwei Jahre lang
konnte Mobilcom/Freenet nur reagieren. Derweil lief die Konvergenz
von Mobilfunk und Internet weiter. Ein entnervter Konzernchef Eckhard
Spoerr räumte schließlich ohne Rücksicht auf Kursverluste ein, dass
die verlorene Zeit nicht mehr aufzuholen sei.
Alles verengte sich bei dieser Konstellation auf die Hoffnung
einer möglichst üppigen Sonderausschüttung. Gespeist wurde diese
durch die Hochschreibung der Freenet-Beteiligung im Fusionsprozess
und die Bewertung der Verlustvorträge. Die Hoffnung darauf war von
Spoerr mit am Köcheln gehalten worden, der selbst einer
kreditfinanzierten Sonderausschüttung nicht abhold war. Die
Anwesenheit des Finanzinvestors TPG Texas Pacific Group im
Aktionärskreis galt zudem als Garant, dass es tüchtig Kohle geben
würde. Umso größer dann die Verblüffung, als sich TPG kurz vor dem
Fest vom Acker machte und dem Balda-Investor Vatas Holding - ein
Beteiligungsvehikel der britischen Sapinda mit dem windigen
Jungmanager Windhorst an der Spitze - zum Einstieg verhalf.
Zur Wochenmitte kam dann die langerwartete Durchsage, dass 6
(2006: 0,21) Euro je Aktie ausgeschüttet werden. Bei gut 96 Mill.
Aktien bedeutet dies ein Erfordernis von 576,4 Mill. Euro. Und damit
ist die vorhandene Liquidität erst einmal verfrühstückt.
Wie es weitergeht, hängt aber nicht nur von Finanzierungsspielräumen
ab. Mit der Bewältigung der schwierigen Fusion hat sich Spoerr für
weitergehende Konsolidierungsaufgaben empfohlen. Hier kommt ihm
zupass, dass bei Debitel oder der Talkline-Mutter TDC ebenfalls
Finanzinvestoren am Drücker sind. Wenn es hier aber etwas zu
gestalten gegeben hätte, wäre dies mit TPG an Bord bestimmt leichter
gefallen. Jetzt sieht es eher danach aus, dass die zweite Reihe der
Finanzinvestoren ihr Spielchen macht. Ob sich Spoerr mit diesen
unsicheren Kantonisten den erneuten Tort einer Fusion antut,
erscheint eher fraglich.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung