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Berliner Morgenpost: Die Schulleiter aus Berlin-Mitte haben Mut

Archivmeldung vom 13.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Brief ist eine Bankrotterklärung. 68 Schulleiter aus Mitte legen schriftlich dar, dass sie gegenwärtig nicht mehr in der Lage sind, den vom Schulgesetz auferlegten Bildungsauftrag guten Gewissens zu erfüllen.

Gute Schüler würden scharenweise aus dem Bezirk oder dem öffentlichen Schulsystem fliehen, heißt es weiter. Nüchtern und durchaus bemüht, Panikmache zu vermeiden, wenden sich die Schulleiter an die zuständigen Politiker auf Bezirks- und Senatsebene. Sie fordern Gehör, bitten um mehr Wertschätzung für ihre anstrengende Arbeit und um eine ehrliche Diskussion über die bittere Realität. Die Probleme, die sie benennen, sind nicht neu. Die Forderungen, die sie aufstellen, sind keinesfalls außergewöhnlich. Gebundene Ganztagsschulen fordern ausreichend Personal und Räumlichkeiten, um das Konzept einer ganztägigen Schule umsetzen und nicht nur Betreuung anbieten zu können. Schulen in sozialen Brennpunkten rufen nach mehr Unterstützung, um dem hohen Anteil von Schülern aus Migranten- oder sozial benachteiligten Familien gerecht werden zu können. Außerdem geht es um die langfristige Einstellung geeigneter Hausmeister und Sekretärinnen sowie um eine angemessene bauliche Unterhaltung der Schulen. Auch mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen werden gefordert. Das alles sind Grundvoraussetzungen, um einen guten Schulbetrieb zu gewährleisten. Es geht hier nicht um die Einforderung zusätzlicher Angebote oder Ausstattungen, sondern um dringend nötige Rahmenbedingungen dafür, Schüler angemessen zu unterrichten und im Wettbewerb mit Privatschulen gerüstet zu sein. Der Brief der Schulleiter ist mutig. Endlich wird laut und deutlich Farbe bekannt. Nicht alle Schulen sind gleich betroffen, aber alle Schulleiter haben unterzeichnet. Gemeinsam wollen sie auf die prekäre Lage aufmerksam machen. Es ist immerhin der Regierungsbezirk, in dem Armut, Sprachnot, jugendliche Intensivtäter, Schulabbrecher und Analphabetentum sich ballen. Dass immer mehr bildungsbewusste Eltern den öffentlichen Schulen des Bezirks den Rücken kehren und ihre Kinder an Privatschulen anmelden, ist angesichts der benannten Tatsachen nachvollziehbare Notwehr. Und wird noch verständlicher, wenn die Schulleiter in ihrem Brief berichten, dass Schüler der 10. Klassen in Mitte aufgrund ihrer Leistungen viel geringere Ausbildungschancen als in anderen Bezirken haben und die Vermittlungsquote in Ausbildung zumindest an den Haupt-, Gesamt- und Realschulen so gut wie nicht mehr vorhanden ist. Angesichts der von den Schulleitern aufgeführten Fakten ist eines klar: Die 50 Millionen Euro, die 2009 zusätzlich für die Sanierung der Schulen bereitgestellt werden sollen, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Die tatsächlichen Probleme wird dieses Geld nicht lösen. Hier sind andere Strategien gefragt. Die erste: Die verantwortlichen Politiker müssen den Tatsachen endlich offen ins Gesicht sehen. Die Realität darf nicht mehr länger tabu sein.

Quelle: Berliner Morgenpost

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