Westfälische Rundschau: Kommentar: SPD geht auf Konfrontation zur Union
Archivmeldung vom 20.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Ton in der großen Koalition wird rauer - und diesmal sind es nicht nur atmosphärische Störungen, die das Berliner Binnenklima beeinträchtigen. Wie es aussieht, verschärfen Union und SPD ganz bewusst die Auseinandersetzung in grundsätzlichen Fragen. Früher als erwartet beginnt so die Vorbereitung auf die kommenden Wahlkämpfe.
Vor allem die Sozialdemokraten haben allen Anlass, sich klarer
als bisher vom alle Parteigrenzen verwischenden Schmusekurs in Berlin
abzusetzen. Ganz offensichtlich profitiert vor allem die Union,
namentlich die Kanzlerin, von der steigenden Zufriedenheit mit der
Arbeit der Regierung.
Innerhalb der SPD gewinnen nun erkennbar jene Kräfte an Gewicht,
die das Profil der Partei über eine härtere Auseinandersetzung mit
der CDU schärfen wollen. Schon seit längerem schwelt ein Konflikt um
den richtigen Kurs zwischen den SPD-Bundesministern und der außerhalb
der Kabinettsdisziplin agierenden SPD-Führung.
Überraschend geht nun ausgerechnet Franz Müntefering auf
Konfrontationskurs mit der Union - und nähert sich dem ohnehin auf
Distanz zur CDU be-dachten SPD-Chef Kurt Beck. Der Vorgang ist kaum
zu unterschätzen: Eine stabile Allianz von Beck und Müntefering
könnte die Statik der großen Koalition verändern.
Für das Land muss mehr Streit nicht unbedingt schlecht sein. Denn
manchmal ist es besser, strittige Grundsatzfragen offen zu lassen,
anstatt sie mit faulen Kompromissen für den Augenblick aus dem Weg zu
schaffen.
Beispiel Mindestlohn: Mehr als eine Million Menschen braucht
trotz ehrlicher Arbeit Hilfe vom Staat, weil Hungerlöhne nicht zum
Leben reichen. An diesem Skandal wird sich durch kunstvolle
Kompromissformeln wenig ändern. Der Gesetzgeber muss handeln. Und
wenn sich die Koalitionsparteien nicht einigen können, müssen im
Zweifel eben die Wähler entscheiden.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Rundschau