Börsen-Zeitung: Draghi vs. Mnuchin, Kommentar zur Europäischen Zentralbank
Archivmeldung vom 26.01.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Ärger war EZB-Präsident Mario Draghi deutlich anzumerken: Die Aussagen von US-Finanzminister Steven Mnuchin über die Vorteile eines schwachen Dollar für die US-Wirtschaft einen Tag vor der EZB-Sitzung am Donnerstag waren so ziemlich das Letzte, was die Europäische Zentralbank (EZB) noch gebrauchen konnte: Ein zu starker Euro dämpft schließlich tendenziell die ohnehin unter Ziel liegende Inflation im Euroraum zusätzlich.
Die Euro-Hüter dürfen die Aufwertung aber auch nicht überdramatisieren. Viel verheerender wäre es dagegen, wenn hinter Mnuchins Aussagen ein grundsätzlicher Politikwechsel in Sachen Dollar stünde. Das wäre tatsächlich ein Drama - nicht nur für Euroland, sondern für die gesamte Weltwirtschaft.
Was die EZB und die Euro-Inflation betrifft, ist eine Währungsaufwertung sicher alles andere als hilfreich. Zumindest bislang besteht aber kein Grund, die Entwicklung und die Folgen zu übertreiben. Erstens: Die vorangegangene Euro-Schwäche seit 2014 war eine Anomalie und es war klar, dass das nicht ewig so weitergehen würde. Der Euro ist aktuell auch immer noch viel schwächer als 2014. Zweitens: Die Stärke des Euro spiegelt vor allem auch die Stärke der Euro-Wirtschaft wieder. Das ist positiv und spricht dafür, dass die Wirtschaft aktuell einen stärkeren Euro aushalten kann. Drittens: Parallel zum Euro steigen die Ölpreise deutlich. Diese Effekte sollten sich bei der Inflation mindestens zum Teil ausgleichen. Und viertens: Eine Euro-Stärke dämpft die Inflation eher kurzfristig, während die EZB-Politik mittelfristig ausgerichtet sein sollte. Solange sich die Euro-Rally also nicht ungebremst fortsetzt, sollte die EZB die Kirche im Dorf lassen - und diese nicht als neuerliches Argument nehmen, den nötigen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik weiter und weiter zu vertagen.
Beängstigend wäre es aber in der Tat, wenn Mnuchins Aussagen wirklich einen generellen Bruch mit der US-Politik des starken Dollar und eine Abkehr vom globalen Konsens gegen jeglichen Abwertungswettlauf darstellen würde. Der Dollar ist der Anker des internationalen Finanzsystems schlechthin und ein Währungskrieg, der die Weltleitwährung umfasst, würde alles in den Schatten stellen, was es an dieser Front je gab.
Leider haben Mnuchins neuerliche Kommentare am Donnerstag die Sorgen keineswegs ausgeräumt - im Gegenteil! Die US-Administration muss jetzt für Klarheit sorgen. Und die Partner müssen Präsident Donald Trump & Co. deutlich machen, dass ein globaler Währungskrieg genau wie eine neue weltweite Protektionismuswelle nur Verlierer kennen würde. Die 1930er Jahren sollten da mahnendes Beispiel genug sein.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schrörs