Maidan 2.0? – Der Westen mobilisiert gegen Georgien
Archivmeldung vom 21.05.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.05.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićThomas Röper schrieb den folgenden Kommentar: "Nachdem das georgische Parlament das Gesetz gegen ausländischen Einfluss verabschiedet hat, kommen aus dem Westen Drohungen mit Sanktionen und mit der Regierung nicht abgesprochene Besuche westlicher Politiker, die offenbar die Demonstranten weiter aufstacheln sollen. Die ersten Reaktionen des Westens auf die Annahme des Gesetzes gegen ausländischen Einfluss in Georgien sind deutlich. Der Westen droht mit Sanktionen und einer Verschlechterung der Beziehungen zu Georgien. Außerdem feuert der Westen die Demonstranten nach Kräften an, was der Westen sich umgekehrt aus dem Ausland niemals gefallen lassen würde."
Röper weiter: "Drohungen aus London
Das Gesetz könnte den Plänen von Georgien, der NATO beizutreten, ein Ende setzen, warnte die stellvertretende britische Außenministerin Nusrat Ghani:
„Die Bilder von dem, was in Georgien geschieht, sind schockierend, und als Freunde Georgiens rufen wir zu Ruhe und Zurückhaltung auf allen Seiten auf. Heute hat das georgische Parlament erneut für das Gesetz über die Transparenz ausländischer Einflussnahme gestimmt. Wie unsere Partner lehnt auch Großbritannien die Einführung dieses Gesetzes entschieden ab. Das Gesetz und die orchestrierten Einschüchterungsversuche gegen Demonstranten, die das begleiteten, sind unvereinbar mit den demokratischen Werten eines Landes, das die NATO-Mitgliedschaft anstrebt, und bergen die Gefahr, Georgiens transatlantischen Bestrebungen ein Ende zu setzen.“
Ghani fügte hinzu, sie habe die Situation am 14. Mai mit dem georgischen Botschafter besprochen und ihm mitgeteilt, dass London die Entwicklungen „mit großer Sorge“ verfolge und sie forderte die georgische Regierung auf, ihren Kurs zu ändern und dieses Gesetz zurückzuziehen.
Sanktionsdrohungen aus den USA
Die USA werden persönliche Sanktionen gegen die georgische Führung verhängen, wenn die Demokratie im Lande untergraben wird, kündigte der stellvertretende US-Außenminister für europäische und eurasische Angelegenheiten, James O’Brien, auf einer Pressekonferenz in Tiflis an:
„Wenn das Gesetz ohne Harmonisierung mit den Normen der EU vorangebracht wird und es hier zu einer Untergrabung der Demokratie und zu Gewalt gegen friedliche Demonstranten kommt, werden von amerikanischer Seite Restriktionen folgen. Das werden finanzielle Beschränkungen und Reisebeschränkungen für die für diese Aktionen Verantwortlichen und ihre Familien sein.“
Auch Karine Jean-Pierre, die Pressesprecherin des Weißen Hauses, äußerte sich bei einer regulären Pressekonferenz dazu und warnte, die Beziehungen der USA zu Georgien grundlegend zu überprüfen, wenn das Gesetz über ausländische Agenten verabschiedet wird:
„Wenn dieses Gesetz jedoch verabschiedet wird, werden wir gezwungen sein, unsere Beziehungen zu Georgien grundlegend zu überdenken.“
Was genau das bedeuten würde, führte Bidens Sprecherin nicht aus.
Der georgische Premierminister Irakli Kobachidse reagierte auf die scharfen Töne aus den USA, indem er erklärte:
„Generell sind Gespräche über Sanktionen nicht seriös. Wenn wir über die Verbesserung der bilateralen Beziehungen sprechen, ist es kontraproduktiv, solche Themen in solchen Fällen zu fördern.“
Europäer als Scharfmacher
Die Außenminister Estlands, Lettlands, Litauens und Islands werden am (…) Mittwoch, dem 15. Mai, zu einem Arbeitsbesuch nach Georgien reisen, obwohl ihr Besuch bei der Regierungspartei „Georgischer Traum“ unerwünscht ist, weil er offenbar nicht angemeldet wurde und zeitgleich mit den Protesten gegen das Gesetz stattfindet. Dieses Verhalten weckt Erinnerungen an den Maidan, als sich dort ab Dezember 2013 westliche Politiker die Klinke in die Hand gaben und die Demonstranten angefeuert haben. Das Szenario soll anscheinend wiederholt werden.
Das meint auch die georgische Regierung, denn Irakli Kadagischwili, ein Abgeordneter der Partei, sagte, die Außenminister aus der EU wollten die Situation radikalisieren:
„Es gibt einen kollektiven Angriff auf Georgien als unabhängigen Staat. Westliche Politiker kommen, um die Demonstranten zu unterstützen und die Situation zu radikalisieren.“
Die georgische Regierung wurde über die Besuche nicht einmal informiert, kritisierte Kadagischwili. Seiner Meinung nach wollen sie in Georgien eine Farbrevolution organisieren und eine Regierung einsetzen, für die die Interessen des Landes nicht an erster Stelle stehen.
Am 13. Mai waren bereits Leiter der Ausschüsse für Außenbeziehungen der Parlamente aus Deutschland, Polen, Tschechien, Lettland, Litauen und Estland in Georgien eingetroffen, wobei es keine Treffen mit Vertretern der georgischen Regierung gegeben hat. Stattdessen trafen sich die europäischen Abgeordneten mit der Opposition.
Für Deutschland reiste der SPD-Falke Michael Roth an. Nach seinen Angaben wurde die Parlaments-Delegation nur vom Vorsitzenden des Ausschusses für Außenbeziehungen, Nikolos Samcharadse empfangen, und das Treffen fand nicht im Parlament, sondern im Büro der Partei Georgischer Traum statt. Auf X teilte er ein Kurzvideo von diesem Treffen, wozu er einen eindeutigen Text verfasste, der die Demonstranten anfeuern sollte:
„Auch wenn der Georgische Alptraum heute das „Ausländische Agentengesetz“ im georgischen Parlament durchpeitschen wird, lassen sich die Menschen in Georgien auf ihrem Weg in die EU nicht aufhalten.“
Die Opposition geht auf Konfrontationskurs
Die vom ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili gegründete heutige Oppositionspartei Vereinigte Nationale Bewegung, die mit 20 Abgeordneten im Parlament vertreten ist, und die politische Vereinigung Lelo für Georgien, die zwei Abgeordnete hat, haben nach der Verabschiedung des Gesetzes über ausländische Agenten einen Boykott der Parlamentsarbeit angekündigt, erklärte einer ihrer Abgeordneten:
„Unsere Fraktion der Vereinten Nationalen Bewegung und die Mehrheit der Opposition werden nicht mehr im üblichen Modus weiterarbeiten. Wir gehen in den Boykottmodus über.“
Wozu die Aufregung?
Man fragt sich zwangsläufig, warum der Westen so einen Aufstand macht. Es geht schließlich nur um ein Gesetz, das NGOs zu Transparenz verpflichtet. Ist es nicht der Westen, der ständig von allen Transparenz fordert? Und sind es nicht die NGOs, also die internationalen Stiftungen, die sich selbst ständig ihrer Transparenz rühmen?
Der Grund für die Panik im Westen ist, dass der Westen seine politischen Interessen in anderen Ländern durch NGOs ausübt. Die bezahlen angeblich unabhängige Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“, die alle die gleiche Meinung vertreten und der Öffentlichkeit vorgaukeln, die Positionen des Westens würden von einer Mehrheit unterstützt. Wenn all diese angeblich unabhängigen Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“ plötzlich offenlegen müssten, dass sie alle von den gleichen Sponsoren finanziert werden, würde die von ihnen geschaffene Illusion in sich zusammenbrechen.
Davor fürchtet der Westen sich, weshalb er nun alles daransetzt, das Gesetz noch zu verhindern. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass es in den nächsten Tagen in Georgien zu Gewalt kommt und dass der Westen versucht, einen Putsch gegen die georgische Regierung zu organisieren.
Auch die Doppelmoral des Westens wird hier offensichtlich, denn man stelle sich einmal vor, beispielsweise China würde Politiker ohne Absprache mit der französischen Regierung nach Frankreich schicken, damit die dort die Bauernproteste anheizen. Das wäre vollkommen undenkbar, die Chinesen dürften wahrscheinlich nicht einmal einreisen.
Aber in anderen Ländern tut der Westen genau das, um bei Bedarf ungehorsame Regierungen zu stürzen.
Daher zeigen die Reaktionen des Westens, dass Georgien, wenn es ein souveränes Land sein und bleiben will, mit dem Gesetz eine richtige Entscheidung getroffen hat. Georgien ist nicht gegen den Westen oder die EU, es will seine Entscheidungen nur ohne Beeinflussung aus dem Ausland treffen. Und genau dagegen hat der US-geführte Westen etwas, weil ein Land dann ja auch mal Entscheidungen treffen könnte, die der US-Regierung nicht gefallen.
Die Mutter aller Gesetze über ausländische Agenten
Da es im Westen immer noch nur die wenigsten Menschen wissen, erkläre ich hier noch einmal, was Gesetze über ausländische Agenten sind und ob sie tatsächlich eine russische Erfindung sind, wie die westlichen Medien und Politiker behaupten.
Westliche Medien kritisieren Russland, weil es 2012 so ein Gesetz eingeführt hat. Was die westlichen Medien dabei immer verschweigen, ist die Tatsache, dass es sich dabei nicht um eine russische Erfindung handelt, sondern um eine US-amerikanische. Die USA haben schon 1938 den FARA-Act (Foreign Agents Registration Act, auf deutsch Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten) eingeführt. Nach dem Gesetz drohen jedem, der in den USA mit ausländischer Finanzierung politisch tätig wird und sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert, Geld und/oder Gefängnisstrafen. Außerdem müssen „ausländische Agenten“ ihre Veröffentlichungen als vom „ausländischen Agenten“ stammend kennzeichnen.
Das FARA-Gesetz wird in den USA sehr restriktiv angewendet. Die damalige russische Studentin Maria Butina zum Beispiel wurde in den USA 2018 aufgrund dieses Gesetzes zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, als Waffennärrin Kontakte zur US-Waffenlobby geknüpft zu haben. Dass sie mit einigen US-Waffenlobbyisten gesprochen hat, reichte schon aus, um zu über einem Jahr Gefängnis verurteilt zu werden.
Russland hat das FARA-Gesetz der USA im Grunde nur abgeschrieben, wobei jedoch die Strafen in der russischen Kopie des US-Gesetzes weniger streng sind, als im amerikanischen Original. An dem FARA-Gesetz der USA hatten und haben die deutschen „Qualitätsmedien“ nichts zu kritisieren. Sie teilen ihren deutschen Lesern nicht einmal mit, dass es in den USA so ein Gesetz gibt, das sehr streng angewendet wird.
Außerdem verschweigen die deutschen Medien ihren Lesern, dass auch die EU inzwischen an einem solchen Gesetz über ausländische Agenten arbeitet, das sie als Teil eines „Paketes zum Schutz der Demokratie“ bezeichnet. Und ganz aktuell wurde so ein Gesetz auch in Frankreich ins Parlament gebracht."
Quelle: apolut von Thomas Röper