Allgemeine Zeitung Mainz: Ausgerechnet Piech
Archivmeldung vom 13.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Schauspiel um Macht und Einfluss verwandelt das beschauliche Wolfsburg derzeit in eine große Bühne. Worum es beim Streit rund um VW geht, erschließt sich indes nicht auf den ersten Blick.
Ein Streitpunkt ist das VW-Gesetz, das Gewerkschaften und Niedersachsens Landesvätern als Bollwerk gegen den ungehemmten Kapitalismus hochhalten. Es sichert den Arbeitnehmern Einfluss auf Standortfragen, es verhilft dem Land zu einer Macht, die nicht seinem Aktienanteil entspricht. Wie kein anderes Börsenunternehmen wird VW damit gegen das freie Spiel der Kräfte abgeschottet. Das ist nicht zeitgemäß und widerspricht dem EU-Recht. Wenn Hannover in Wolfsburg mitregieren will, kann das Land seinen Aktienanteil auf eine reguläre Sperrminorität aufstocken. Einer Ausnahmeregelung per Gesetz bedarf es dann nicht. Verlierer der "Lex VW" ist Porsche. Der Sportwagenhersteller will freie Bahn als Mehrheitsaktionär und kämpft mit allen Mitteln gegen die Sonderrechte des Landes. Der Familienstamm musste nun eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Ausgerechnet der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piech ließ den Clan hängen. Dabei ist seine Familie zusammen mit den Porsches Eigentümer der Stuttgarter Edelschmiede. Mit seiner Enthaltung sicherte er den Arbeitnehmern die Mehrheit bei der Abstimmung über einen Antrag, bei dem es um die Machtfrage ging. Beherrscht Porsche VW oder wird in Wolfsburg weiterhin eigenständig entschieden? Diese Runde ging an VW. Bei dem Kleinkrieg geht es vor allem um Macht. Bestimmt Porsche-Chef Wiedeking künftig die Geschicke beider Unternehmen oder steuern Piech und VW-Chef Winterkorn den größten deutschen Autobauer? Die Sturheit birgt Gefahren, denn beiden Unternehmen würden längere Auseinandersetzungen großen Schaden zufügen.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz