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Allg. Zeitung Mainz: Fragwürdig

Archivmeldung vom 26.09.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat viele Felder zu beackern; auf manchen gelingt ihr Beachtliches, doch gibt es auch Bereiche, in denen ihre Bemühungen nur Kopfschütteln hervorrufen. Vernünftig und im Ergebnis akzeptabel sind beispielsweise die Neuerungen im Scheidungsfolgenrecht.

Da ging es unter anderem um die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten, und dass die erste Prioritätsstufe für Kinder nunmehr unumstritten ist, kann sich die Ministerin als Erfolg zurechnen. Dass neue Gesetzespläne aber auch zu Rohrkrepierern werden können, zeigt das Beispiel "Fahrverbote bei allgemeiner Kriminalität". Obwohl alle Experten, von ADAC bis Polizeigewerkschaft, bei diesem nicht neuen Thema aus vielerlei gewichtigen Gründen seit Jahr und Tag abwinken, holt sie es erneut aus der Mottenkiste. Tut sie es, um im Interview mit einem Massenblatt populistisch zu punkten? Das wäre unwürdig, und die Tatsache, dass andere das auch tun, ist keine Entschuldigung. Als Juristin weiß Brigitte Zypries, dass nicht zuletzt schwerwiegende rechtssystematische und verfassungsrechtliche Prinzipien dagegen sprechen, etwa einen Steuerhinterzieher oder gewalttätigen Neonazi mit Fahrverbot zu bestrafen. Was, wenn die gar keinen Führerschein haben? Das Fahrverbot tut da, wo es derzeit angewendet wird, gute Dienste: nämlich neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe bei schweren Verkehrsdelikten oder neben Bußgeld bei Ordnungswidrigkeiten. Unabhängig davon sieht das Gesetz beispielsweise vor, ein Auto einzuziehen, wenn es für eine Straftat, etwa einen Bankraub benutzt worden ist. Alles ordentlich geregelt. Eher unbefriedigend ist dagegen das, was manche Gerichte generell an Strafurteilen vorzuweisen haben. Um bei den Beispielen Steuersünder oder Neonazi zu bleiben: Da werden manche Täter von der Justiz mit Samthandschuhen angefasst. Das stößt in der Öffentlichkeit auf Unmut. Will Zypries mit dem Vorschlag, Fahrverbote als angeblich harte Sanktion auch bei allgemeiner Kriminalität zu verhängen, vor allem diesem Unmut entgegenwirken? Auch das wäre überaus fragwürdig.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz

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