Börsen-Zeitung: Deutschlands dümmste Sparer
Archivmeldung vom 26.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Deutschlands dümmste Bank" hatten wir schon. Diverse Medien haben den Titel inzwischen mehrfach verliehen. Doch wer sind Deutschlands dümmste Sparer? Bis vor kurzem hatten die Kunden der Kaupthing Bank beste Chancen auf dieses Prädikat. Für ein paar zehntel Prozentpunkte mehr an Zinsen nahmen sie ein hohes Risiko in Kauf.
Die Internetbank aus Island warb hierzulande mit fast konkurrenzlosen 5,65% für Tagesgeld. Was die Frankfurter Niederlassung in ihrer Werbung verschwieg, fiel dennoch nicht unters Bankgeheimnis: Dass die Einlagen lediglich nach isländischem Recht und nur bis zu einem Betrag von 20887 Euro geschützt sind, war nicht nur auf der deutschen Homepage des Instituts nachzulesen. Die hiesige Presse - auch die Börsen-Zeitung - hat darüber frühzeitig und fortlaufend berichtet. Zudem war es spätestens seit 2006 ein öffentliches Thema, dass Island-Anlagen hochriskant sind.
Viele Sparer waren - glaubt man ihren Darstellungen in Funk und Fernsehen oder in Leserbriefen - dennoch dumm genug, ihr ganzes Geldvermögen, oft ein Mehrfaches besagter 20887 Euro, bzw. ihre kompletten Ersparnisse für die Altersvorsorge bei Kaupthing anzulegen. (Nebenbei: Wo war die Gier eigentlich größer? Bei "den" Banken, die diesbezüglich seit Beginn der Finanzkrise am Pranger stehen, oder bei zahlreichen "Kleinanlegern"?)
Gar nicht so dumm. Denn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat offenbar zu viel Geld. Er will der isländischen Einlagensicherung einen Kredit von 308 Mill. Euro gewähren, damit die deutschen Kunden der im Oktober kollabierten Kaupthing Bank voll (!) entschädigt werden können.
Jetzt sind andere die Dummen. Erstens die Sparer, die so vorsichtig waren, ihr Geld für weniger als 5,65% bei Häusern mit deutschem Einlagenschutz anzulegen. Zweitens Banken und Sparkassen mit Sitz in Deutschland, die künftig damit leben müssen, dass ihre Kunden das Geld zu jeder x-beliebigen Bude mit Superextramegazins umleiten. Wenn's Zocker, Pleitiers oder Gauner sind: macht nichts, Steinbrück zahlt (jedenfalls bis zur Bundestagswahl)! Drittens sind die deutschen Steuerzahler die wahren Dummen. Sie dürfen für die Fehlspekulationen der nur vermeintlich dümmsten Sparer geradestehen. Zumindest bürdet die Bundesregierung den Steuerzahlern das Risiko auf, dass Island oder künftig irgendein anderer Staat den von Steinbrück so großzügig wie unnötig gewährten Kredit nicht zurückzahlt.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Wittkowski)