Südwest Presse: Kommentar zu Hessen
Archivmeldung vom 05.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZur Wahl einer hessischen Ministerpräsidentin benötigt man 56 von 110 Stimmen im Landtag. Rot-Rot-Grün verfügt über 57, darunter ein schwerkranker SPD-Abgeordneter. Die CSU hat 1972 zum Misstrauensvotum Rainer Barzels einen Sterbenden im Rollstuhl in den Bundestag geschoben - möglich ist vieles.
Doch was ist das für eine unsichere Truppe, die (bis auf einen) zusammenhalten muss? Eine bundesweit ob des Kurses der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti zerrissene SPD - und dieser Riss soll die Landtagsfraktion überhaupt nicht berührt haben? Eine bunt zusammengewürfelte Links-Partei mit Abgeordneten vielerlei Hintergrundes, durchaus auch des Anti-autoritären, die nun im Gleichschritt zur Sonne, zur Freiheit marschiert? Und schließlich: eine Partei, die Bündnis 90 / Die Grünen heißt (Bündnis 90 in Erinnerung an die friedliche Revolution in der DDR 1989), die nun mit einer verschämt gewendeten SED zusammen wählen will? Wenn das mal gutgeht: 56 von 57. Und das, eine Besonderheit der hessischen Verfassung, zweimal am selben Tag, einmal noch zur Bestätigung der gesamten Landesregierung. Man weiß also nicht, was an Ypsilanti zuerst ins Auge sticht: ihr offensichtlicher Wortbruch oder ihre Risikobereitschaft? Man denkt unwillkürlich an Heide Simonis in Schleswig-Holstein, die 2005 mit ähnlich wackeliger Duldungs-Mehrheit viermal durchfiel. Und dann zu Unicef wechselte. Da ist jetzt wieder das Vorsitzendenamt zu besetzen.
Quelle: Südwest Presse