Börsen-Zeitung: Verschlafen
Archivmeldung vom 28.12.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVier Jahre schon währt die Kletterpartie des Dax, seit Anfang 2003 hat sich der deutsche Leitindex mehr als verdoppelt. Die Lebensversicherer jedoch haben in den vergangenen Jahren ihren Kunden immer weniger Überschussbeteiligung zukommen lassen.
Zugegeben - das niedrige Zinsniveau machte es nicht leicht,
ordentliche Renditen zu erwirtschaften, doch ein wichtiger Grund
lautet schlicht und einfach: Die deutschen Lebensversicherer haben
den Boom am Aktienmarkt komplett verschlafen.
Die Aktienquote der gut 100 Gesellschaften am deutschen Markt, die
mit verwalteten 660 Mrd. Euro zu den größten Kapitalanlegern
überhaupt zählen, ist in den vergangenen vier Jahren nur marginal
gestiegen und beträgt derzeit geschätzt durchschnittlich 10%. Das
bedeutet, dass die Lebensversicherer in einem aufsteigenden Markt
ihre Aktienbestände nicht nur nicht aufgestockt, sondern auch noch
reduziert haben, denn ansonsten hätte die Quote angesichts der
Marktperformance deutlicher steigen müssen. Das Verhalten der Asset
Manager in der Assekuranz nach den Krisenjahren 2001 und 2002 ist ein
klassisches Beispiel dafür, dass gebrannte Kinder das Feuer scheuen.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Kapitalanleger an anderer
Stelle schon wieder mit Zündhölzern spielen - wenn auch mit einer
kleineren Packung. Auf der Suche nach Rendite kündigen immer mehr
Lebensversicherer an, sich jetzt auch verstärkt in Private Equity
engagieren zu wollen. Doch auch hier könnten einige in der Branche zu
lange geschlafen haben. Die Kaufpreise für Unternehmen sind in die
Höhe geschnellt, so dass Renditen von mehr als 20% demnächst längst
nicht mehr die Regel sein dürften. Die Fachleute in der eigenen
Branche, die Kreditversicherer, befürchten gar vermehrt Insolvenzen
von Private-Equity-finanzierten Unternehmen, denen von ihren neuen
Eignern Schulden bis zum Hals aufgelastet wurden.
Antizyklisches Verhalten ist in der Assekuranz nach wie vor sehr selten zu finden. Eigene Wege gehen höchstens sehr risikoaverse Versicherer wie die Debeka, die konsequent die Börse ignorieren. Diese Art von Dauerschlaf scheint immerhin gesünder als die Trägheit mancher anderer. Best-Case-Szenario bleiben jedoch aufgeweckte Manager, die die gesamte Anlage-Klaviatur beherrschen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung