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Westfalenpost: Kleine Sünderlein und große Fische

Archivmeldung vom 18.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Besuch von Liechtensteins Regierungschef am Mittwoch in Berlin wäre den Medien unter normalen Umständen eine Randnotiz wert gewesen, bestenfalls. Inzwischen wissen wir: Normal im Sinne von "alles in Ordnung" ist in der Skandalsache Liechtenstein nichts. Für viele, allzu viele, ist es das gelobte Land des Steuerverstecks.

Der Fürstenfamilie gehört die Bank, die sich gerne als erste Adresse für Tarnung und finanzielle Betrugsmanöver empfiehlt. Sie hat hervorragende Anwälte, auch in Deutschland, die solche - aus ihrer Sicht - "Fehlinterpretationen" des Geschäftsgebahrens aufs Schärfste verurteilen. Jegliche Unterstützung bei Steuerfahndungen wird jedoch nach wie vor strikt abgelehnt. Einhaltung des Steuergeheimnisses ist oberstes Gebot in Liechtenstein. Wie es scheint, noch vor den zehn Geboten. Respekt! Dass es deutschen Behörden jetzt offenbar gelungen ist, diese Finanzfestung zu knacken: Respekt! Wie es genau gelaufen ist mit der Enttarnungs-CD, dem Bundesnachrichtendienst und den Millionen für den Informanten/Verräter, spielt eigentlich eine Nebenrolle. Wichtig ist: Der Staat hat das Gesetz des Handelns in dem Krimi übernommen, an dessen Drehbuch das Kanzleramt und der Finanzminister mitgeschrieben haben. Die Regie führende Staatsanwaltschaft Bochum hat mit der Festnahme von Postchef Zumwinkel ein Signal gesetzt, dem ab heute noch viele Paukenschläge folgen werden. Die Diskussion über die Moral der Elite geht tief, weit über Urteile und Vorurteile gegenüber den Lenkern in den Top-Etagen der Wirtschaft hinaus. Prominente Sportler, Showgrößen, Mittelständler - allen, die finanziell aus dem Groben heraus sind, wird jetzt fast alles zugetraut. Schon ist vom Volkssport Steuerhinterziehung die Rede, was den Betrugsnagel nicht auf den Kopf trifft. Es ist schon noch ein Unterschied, ob jemand bei der Kilometerpauschale die Steuerwahrheit etwas verbiegen will, oder ob in großem Stil Geld am Finanzamt vorbei verschoben wird. Von denjenigen, die als Führungskräfte Vorbildfunktion haben sollten, die auch gerne mit dem Finger auf Hartz IV-Betrüger zeigen. Da kommt etwas ins Rollen, was einerseits für mehr reine Luft sorgt, andererseits in der verallgemeinernden Misstrauenshaltung der Gesellschaft nicht gut tut. Warum tun die das? Kennt Gier keine Grenzen? Es ist wohl auch ein Stück Missverständnis über die eigene Position dabei. Wer wegen seiner Stellung in der Gesellschaft hoffiert wird, wer auf Einladungslisten obenan steht, wer selbstverständlich in der ersten Reihe sitzt und seinen Einsatz vom Staat mit Orden belohnt sieht, der läuft Gefahr, sich über den Regeln stehend zu sehen. 16-Stunden-Arbeitszeit, Verantwortung für viele Arbeitsplätze - und da soll man sich steuerlich wie Hinz und Kunz behandeln lassen? Ob Herr Unternehmenschef, der die großen privaten Geldgeschäfte seinen Beratern anvertraut, oder Herr Neureich, der Schwarzgeld selbst nach Liechtenstein schafft: Keiner darf sagen, er habe das Verbotene seines Versteckspiels nicht geahnt. Man kann die Mitnahme-Mentalität verwerflich nennen: Einen funktionierenden Staat mit intakten Straßen und guten Schulen wollen alle, nur beim Bezahlen wollen sie sich drücken. Keine Verwunderung Dass der eine oder die andere dabei über Einkommen von Politikern mitleidig lächelt, von Staatsanwalt-Gehältern ganz zu schweigen, darf angenommen werden. Und ebenso, dass die Fahnder keinen Grund für den Gebrauch von Samthandschuhen sehen. Völlige Verwunderung über illegale Finanzgeschäfte ist fehl am Platze. Ein Land, in dem komplizierte Firmenkonstruktionen aus Gründen der Steuerersparnis gang und gäbe sind, in dem Kanzleien mit der Ausfindung aller Schleichwege beschäftigt sind und als dumm gilt, wer die Geld-Fluchtmöglichkeiten nicht nutzt, hält sich die Überraschung in Grenzen. Jetzt neue, einfachere Steuergesetze zu fordern, ist in der Sache nicht ganz falsch. Erst aber gilt es, die Sünder zu fassen und zu bestrafen.

Quelle: Westfalenpost (von Bodo Zapp)


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