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Wiesbadener Kurier: Kommentar zu EU-Bilanz

Archivmeldung vom 28.06.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Bilanz der Bundesregierung am Ende ihrer EU-Ratspräsidentschaft geriet zur Beweihräucherung in eigener Sache. Kleinere, manchmal durchwachsene "Fortschritte" beim Klimaschutz der EU (bei den G8 sieht das noch düsterer aus), ein wenig mehr gemeinsame Außenpolitik und ein paar Mehrheits- statt Einstimmigkeitsvoten mehr mögen ja ganz nett sein, das Scheitern in anderen wesentlichen Bereichen hebt das nicht auf.

Dazu gehören ein auf zehn Jahre festgeschriebenes Abstimmungsverfahren auf alter Nizza-Basis, das Ausklinken der Briten aus Teilen des neuen, ohnehin "entschärften" EU-Vertrags und zahlreiche weitere Ausnahmen für jeden, der davon Gebrauch machen will.
In der EU macht sich eine Mentalität des Opportunismus breit. Man nimmt, was einem national nützt, bremst aber, wenn es darum geht, das Bündnis zu einem politisch einheitlichen Gebilde zu formen. Der Widerstand dagegen erlahmt, ein Ausdruck der Mutlosigkeit, der auf anderer Ebene, beim G8-Gipfel, so treffend in den Worten Bundeskanzlerin Merkels zum Ausdruck kam: Man müsse "endlich aufhören, so zu tun, als ob es Erlösungsereignisse gibt, die die Welt von einem auf den anderen Tag besser machen". Eine Hilflosigkeit, die sich auch niederschlägt in der Bereitschaft, sich von zwei durchgedrehten Polen erpressen zu lassen, statt seine Ideen konsequent zu verfolgen. Ein Abschied von einer Politik der Visionen, besiegelt mit dem Tod der einst angestrebten EU-Verfassung. Da wundert es nicht, wenn wir Bulgaren und Rumänen den Beitritt zusichern, auch wenn wesentliche Voraussetzungen dort auf absehbare Zeit nicht erfüllt sind. Und dass es Politiker gibt, die den EU-Blockierer Tony Blair ernsthaft als EU-Präsidenten ins Gespräch gebracht haben. Das würde ins Bild passen, wenn wir den Bock auch noch zum Gärtner machten.

Quelle: Pressemitteilung Wiesbadener Kurier

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