Die Behörden greifen gegen die Salafisten-Szene durch Hart, aber etwas spät
Archivmeldung vom 16.11.2016
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Freigeschaltet durch André OttEs ist ein harter und konsequenter Schlag, den die Innenminister von Bund und Ländern gegen die umtriebige und gefährliche Salafisten-Szene in Deutschland angeordnet haben. Aus guten und belegbaren Gründen. Anfänglich wurden die Anhänger des Salafismus noch verspottet, als sie vor einigen Jahren in ihren weißen Gewändern damit begannen, in den Fußgängerzonen den Koran zu verteilen. Wie albern. Andere zeigten sogar Verständnis - was ist denn schon dabei, die Bibel darf ja auch verschenkt werden.
Alles ganz harmlos. Achtung, Religionsfreiheit! Von wegen. Denn schon seinerzeit muss eigentlich jedem klar gewesen sein, dass sich hinter dieser Aktion nicht religiöse Gutmenschen verbergen, die unter dem Motto "Lies" den Passanten den Koran in die Hand drücken, um mit ihnen anschließend ein säuselndes Gespräch über die Vorzüge ihrer Religion zu führen. Die Ziele der Gruppe "Die wahre Religion" und anderer waren damals schon durchschaubar.
Auch um ihre Nähe zu dschihadistischen Kreisen wussten viele Experten. Es gab Warnungen und Hinweise. Insofern ist die Frage berechtigt, warum die Behörden erst so spät so umfassend agiert haben. Nicht nur das Verbot war längst überfällig. Denn Fakt ist nun mal: Die Szene wird immer gefährlicher. Viele junge Menschen hat die Verteilaktion geködert, sie sind dadurch mit den Salafisten und ihrer Ideologie in Berührung gekommen.
Es folgten Manipulationen und Radikalisierungen. Die Anhängerzahl der Salafisten stieg laut Behörden rapide auf offiziell 9200 Personen an - und nach Angaben von Innenminister de Maizière zogen 140 junge Leute in den Dschihad nach Syrien und anderswo, nachdem sie den Propagandisten auf den Leim gegangen waren. Das sind Zahlen, die erschrecken. Und sie stellen die erfolgreichen Razzien nicht in ein schlechtes, aber durchaus in ein anderes Licht.
Das Signal, das von den bundesweiten Polizeiaktionen ausgeht, ist allerdings eindeutig: Toleranz, die das Grundgesetz vorgibt, hat ihre Grenzen dort, wo Menschen das Gegenteil im Sinn haben. Und das gilt nicht nur für Islamisten - das gilt auch für Rechtsextremisten, Linksradikale und andere Verfassungsfeinde, von denen es genügend hierzulande gibt. Darüber hinaus muss jeder wissen: Die Religionsfreiheit in Deutschland ist kein Deckmantel für die Verherrlichung von Gewalt oder für eine Gehirnwäsche junger Menschen.
Salafisten predigen ein obskures Weltbild, sie träumen von einem repressiven System, sie haben mit der freiheitlichen Grundordnung nichts am Hut. Vor diesen Leuten muss der Staat seine Bürger und die Demokratie schützen. Diese Aufgabe fällt freilich auch anderen zu. Die Grenzen zum Salafismus müssen auch die Vertreter des gemäßigten Islams ziehen, und zwar laut und deutlich. Das würde man sich öfter wünschen.
Quelle: Lausitzer Rundschau (ots)