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Stimmung tief im Keller

Archivmeldung vom 17.09.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Erneut musste der Dax in der abgelaufenen Woche einen Ausbruchsversuch nach oben abbrechen und eine Niederlage im Kampf um die Marke von 13.000 Zählern hinnehmen. Dabei begann die Woche zu­nächst mit einer Avance auf Höhen von mehr als 13.500 Punkten gut. Am Mittwoch dann die Ernüchterung, die alten Probleme holten den Aktienmarkt wieder ein, so dass der Index wieder unter die Marke von 13.000 Punkten zurückfiel.

Die Inflation in den USA erweist sich als überaus hartnäckig, wie die Daten vom August deutlich machten. Die Jahresrate ist im Vergleich zum Vormonat nur von 8,5% auf 8,3% gesunken, die Jahresveränderung der Kernrate sogar von 5,9% auf 6,3% gestiegen. Damit ist klar, dass die US-Zentralbank Fed weiterhin ihren Leitzins deutlich anheben wird, in ihrer Sitzung in der neuen Woche um 75 Basispunkte, wenn nicht gar, wie manche meinen, gleich um einen vollen Prozentpunkt.

Entlastung für die Aktienmärkte, ebenso wie für die Anleihemärkte, ist auch für die kommenden Wochen nicht in Sicht. Die Inflations- und Zinssorgen sowie damit verbunden die auch vom Angebotsschock befeuerten Rezessionsrisiken werden die Marktteilnehmer weiterhin verunsichern. Die globale Fondsmanagerumfrage der Bank of America hat zuletzt sehr deutlich gezeigt, wie groß die Verunsicherung ist. Noch nie hat ein so großer Anteil der Befragten angegeben, ein über das übliche Maß hinaus niedriges Risiko zu fahren und in Aktien untergewichtet zu sein.

Eine Stimmung tief im Keller gilt als ein in die andere Richtung weisendes Signal, als ein Zeichen, dass die Marktteilnehmer so verunsichert sind und der Aktienmarkt so ausverkauft ist, dass es nicht mehr viel schlimmer werden kann, eher sogar die Saat für eine Gegenbewegung nach oben gelegt ist. Derzeit dürfte das jedoch wohl im besten Fall für kurzfristige Gegenbewegungen reichen statt für eine Erholung, die als wirklich nachhaltig bezeichnet werden könnte.

Denn es zeichnet sich nicht ab, dass sich die Nachrichtenlage, was Inflation, Zinsen, Konjunktur, Energieknappheit und vor allem den schrecklichen Ukraine-Krieg betrifft, schnell verbessern wird. Stattdessen drohen aus Sicht des Aktienmarktes noch weitere Gewitter. Die Folgen der Krise beginnen nämlich immer deutlicher ihre Spuren bei den Konsumenten und den Unternehmen zu hinterlassen. Negative Meldungen über zunehmende operative Probleme häufen sich und könnten für weitere Belastungen sorgen.

Eine - hoffentlich nicht für allzu viele Firmen repräsentative - Kostprobe lieferte zuletzt der Intralogistik-Konzern Kion. Aufgrund höherer Kosten für Material, Komponenten, Lohn und Logistik, die nicht hinreichend weitergereicht werden können, Problemen in der Lieferkette und einer geringeren Nachfrage avisierte das Unternehmen für das dritte Quartal einen Verlust. Die Aktie sackte am Mittwoch um rund 30% ab und erreichte am Freitag ein Rekordtief von 21,67 Euro. Damit hatte der Titel seit der Verlustwarnung fast 36% eingebüßt, seit dem Jahresbeginn 77,5%.

In der aktuellen Gemengelage geben Marktexperten für die nächste Zeit fast unisono eher skeptische Markteinschätzungen ab. Die immer restriktiver werdende US-Geldpolitik bleibe einer der größten Risikofaktoren für Aktien, so die Commerzbank am Freitag. Jedoch sei ein Großteil der Aktieninvestoren bereits negativ gestimmt, und in den USA setzten viele Investoren mit Short-Positionen auf fallende Aktien. "In diesem Spannungsfeld dürften sich die Aktienmärkte weiterhin unter starken Schwankungen seitwärts bewegen", so das Institut. "Der Dax dürfte dabei in den kommenden Monaten größtenteils zwischen 11.500 und 13.500 Punkten notieren.

Ob die zu erwartende Leitzinsanhebung der amerikanischen Zentralbank um 75 Basispunkte reichen wird, die Inflation in den Griff zu kriegen, muss sich laut der Landesbank Baden-Württemberg noch zeigen. Dass diese härtere Gangart die Konjunktur möglicherweise in die Rezession stürze, werde wohl in Kauf genommen. Am Ende werde die Gewinnentwicklung der Unternehmen darunter leiden. Größere Abwärtsrevisionen der Gewinnschätzungen stünden daher noch bevor. In Europa hätten die Bewertungen dies bereits ein gutes Stück weit vorweggenommen. Im stürmischen Börsenherbst sei dennoch weiterhin eine defensive Ausrichtung angebracht. Zum Jahresende erwartet das Institut den Dax bei 13000 Zählern.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Christopher Kalbhenn

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