Lausitzer Rundschau: Skandal um Bespitzlung in der CSU: Stoibers Bescherung
Archivmeldung vom 23.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNicht nur an der Börse, auch in der Politik lautet eines der am meisten gebrauchten Wörter "hätte": Hätte CSU-Parteichef und Ministerpräsident Edmund Stoiber die Fürther CSU-Landrätin Gabriele Pauli mit ihrem persönlichen Gesprächswunsch nicht abgewiesen, dann hätte er wahrscheinlich auf seinen Vertrauten und Büroleiter Michael Höhenberger jetzt nicht verzichten müssen. Dann hätte die CSU den Weihnachtsfrieden genießen können.
Stattdessen beherrscht "Pauli-Gate" Gemüter und Medien. Immer mehr
wird deutlich, dass es wohl wahr ist, was Fürths schöne Landrätin
behauptet: Dass Stoibers Bürochef in ihrem Umfeld recherchierte, um
Nachteiliges über die Politikerin in Erfahrung zu bringen. Was
zunächst als kaum glaubhafte skurrile Posse begann, hat sich gestern
zu einer richtigen Affäre ausgewachsen. Dass Stoiber sich von einem
seiner engsten Vertrauten trennen musste, zeigt, welche Sprengkraft
in "Pauli-Gate" steckt.
Ein weiterer Schlag ins Kontor war der Kurswechsel des schwankenden
Hauptzeugen Horst Müller, seines Zeichens Wirtschaftsreferent bei der
Stadt Fürth. Nachdem er erst eine abwiegelnde Erklärung abgegeben
hatte, wagte er sich nach dem Rückzug Höhenbergers weiter vor:
Stoibers Bürochef habe ihn "aushorchen" wollen, und zwar auf einem
Niveau, das nicht das seine sei. Damit bestätigte er die Vorwürfe der
Fürther Landrätin und strafte das Dementi der Staatskanzlei Lügen.
Und es kommt noch schlimmer: Überall im Freistaat meldeten sich
gestern CSU-Mitglieder zu Wort, die über Interventionen aus der
Staatskanzlei gegenüber Abweichlern zu berichten wissen.
Stoiber-Kritikerin Pauli wagte sich noch ein Stückchen weiter vor:
Das System, das dazu gedient habe, "Meinungen zu unterdrücken", sei
nicht nur von Höhenberger ausgegangen, sondern sei "wohl auch
gebilligt" gewesen. Starker Tobak. Die furchtlose Landrätin will
offenbar eine Lawine lostreten, die Stoiber den Weg zu einer erneuten
Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 verschüttet. Hätte das
jemand vor einer Woche ernsthaft für möglich gehalten, wäre er im
politischen München lauthals ausgelacht worden. Jetzt lacht keiner
mehr.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau