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WAZ: Ausland für Fachleute attraktiver

Archivmeldung vom 25.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Deutschland wird nicht gemocht. Jedenfalls von einem Teil der Elite. Man mag es auf Geldgier schieben, wenn zahlreiche Fach- und Führungskräfte das Land verlassen. Damit aber wird man der Sache nicht gerecht. Es geht auch um Freiheit, berufliche Perspektiven und Optimismus.

Dies gilt besonders für Wissenschaftler. Sie erhalten im Ausland nicht nur mehr Gehalt. Sie finden vor allem in den USA ein anregenderes Umfeld. Die Anbindung an Kollegen und Unternehmen, die die Forschung finanzieren und in Produkte ummünzen, ist enger.

Auch die über Jahrzehnte ausgebaute deutsche Bürokratie spielt eine Rolle; gerade bei Medizinern, die viel Zeit mit Formularen verbringen. Dies treibt deutsche Ärzte in Scharen in die Schweiz und nach Großbritannien. Bei der Universitäts-Lehre ist für Deutschland das schlechte Zahlenverhältnis zwischen (vielen) Studenten und (wenigen) Professoren von Nachteil. Allerdings holt Deutschland hier auf. Durch die Benennung von Exzellenz-Hochschulen und die zusätzlichen Mittel des Staates für sie beginnen sich die Bedingungen für Spitzenforscher deutlich zu verbessern.

Schlechter sieht es für Fachkräfte in der Wirtschaft aus. Gerade im Gehaltsmittelfeld bestrafen Steuern und Abgaben Leistung. Besonders im Vergleich zur Schweiz reizt das deutsche Abgabensystem zur Abstimmung mit den Füßen, weil der Staat einen großen Teil des Einkommens der freien Verfügung des Arbeitnehmers entzieht und statt dessen Versicherungsgutscheine aushändigt, deren Wert (gerade bei der Rente) sehr zweifelhaft ist. Auch die Einkommenssteuer, die schon bei 52 000 Euro die Höchstbelastung von 42 Prozent bringt, bremst Vaterlandsliebe schnell aus, wenn man in Zürich oder Genf vielleicht nur 25 Prozent Einkommensteuer zahlt. Das ist auch eine Frage persönlicher Freiheit.

Man kann sich nun lange damit aufhalten, von den Auswanderern dennoch mehr Patriotismus einzufordern. Gescheiter wäre es, wenn die Politik mit Pragmatismus auf die Motive der Auswanderer schaute und sich an die Arbeit machte, die ja ohnehin ansteht. Nötig ist eine Steuerreform, die das Steuerrecht einfacher macht und die Belastung senkt. Nötig ist eine behutsame, konsequente Fortschreibung der Reform der Sozialversicherungen.

Es gibt bereits einen Mangel an Fachkräften. Die Politik sollte nicht warten, bis wieder Inder eingeladen werden müssen, um die Lücken auszufüllen. Und auch das noch: Wie wäre es, wenn die Politik mal wieder Optimismus versprühen würde?

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Andreas Abs)

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