Allg. Zeitung Mainz: Längst nicht mehr ungetrübt
Archivmeldung vom 30.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNoch sind die Haushälter der Großen Koalition vergleichsweise guter Laune. Der Etat des kommenden Jahres sieht zwar noch mehr als zehn Milliarden Euro neue Schulden vor. Doch der Bund liegt auf dem Weg zu einem Budget ohne neue Kredite im Zeitplan.
2011 soll es so
weit sein. So ungetrübt wie vor wenigen Monaten ist das Bild
allerdings nicht mehr. Die Finanzmarktkrise erreicht allmählich den
Rest der Wirtschaft. Die Preise steigen weltweit und rufen die
Notenbanken auf den Plan. Dazu kommen noch die Forderungen aus den
eigenen Reihen nach höheren Ausgaben und Steuersenkungen.
Finanzminister Peer Steinbrück muss also auf der Hut sein, dass ihm
der Finanzplan nicht kurz vor dem Ziel durcheinander gerät. Das
letztgenannte Problem lässt sich am ehesten in den Griff bekommen.
Die Ausgabenwünsche der Ministerien hat Steinbrück auf ein
erträgliches Maß drücken können. Auch weiß er die Kanzlerin in der
Steuerpolitik an seiner Seite. Deutlich unwägbarer sind die Risiken,
die aus der Weltlage resultieren. Vieles deutet auf eine merkliche
Abkühlung der Konjunktur hin. Das bedeutet wieder mehr Arbeitslose,
höhere Sozialausgaben und weniger Steuereinnahmen. Da zudem die
Teuerungsrate hoch ist, drohen steigende Zinsen. Dies könnte den
Abschwung weiter verstärken. Der erhoffte Konsumschub bleibt
womöglich auch aus, weil die Preise den Löhnen trotz kräftiger
Tariferhöhungen davonlaufen. Diese Aussicht macht Steinbrück nervös,
der die Zentralbank vor Zinserhöhungen warnt. Großen Einfluss auf die
brisante Mischung hat die Politik jedoch nicht. Steinbrück wäre nicht
der erste, der am Versprechen eines schuldenfreien Haushalts
scheitert. Es ist noch nicht so weit, aber es könnte schneller so
weit kommen als uns allen lieb ist.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz