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FT: Hartz-IV-Schock

Archivmeldung vom 29.12.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.12.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jetzt wird es richtig abenteuerlich im Streit um die Hartz-IV-Reform: Die Regierung ist mit ihren Plänen im Bundesrat gescheitert. Ob ein künftiges Kompromiss-Gesetz vor dem Verfassungsgericht bestehen kann, ist fraglich. Und nun bricht auch noch in der Verwaltung die Panik aus. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) bittet Deutschlands Leistungsempfänger darum, das in ihrer Situation einzig Richtige nicht zu tun: nämlich vorsorglich Widerspruch gegen Bescheide zu erheben, von denen niemand mehr weiß, auf welcher Grundlage sie eigentlich ergehen.

Auf automatisch rückwirkende Zahlungen könnten die Leistungsempfänger vertrauen, kündigt Heinrich Alt vollmundig an. Weiß dabei aber weder, wie das frühestens für Februar 2011 erwartete Gesetz aussehen wird, noch, ob das Verfassungsgericht die Neuregelung wieder einkassiert. Dafür spricht angesichts des - besonders im Bereich der Bildungsförderung - von sachfremden Aspekten geleiteten Gesetzgebungsverfahrens Einiges. Und: Alt ignoriert vollkommen, wie fehlerhaft seine Behörde schon unter normalen Bedingungen arbeitet.

Wer einmal mit Hartz-IV-Bescheiden zu tun hatte, weiß, wie fehlerhaft viele ergehen. 2009 mussten die Arbeitsagenturen knapp 280000 Bescheide korrigieren. Das sind mehr als 30 Prozent. Dabei ist die Dunkelziffer hoch. Denn werden die Bescheide nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist angegriffen, werden sie rechtskräftig. Dann gilt, was die Behörde darin festgeschrieben hat - selbst wenn es falsch ist.

Das weiß auch BA-Vorstand Alt. Wenn er nun trotzdem fordert, auf Widersprüche zu verzichten, bringt er viele Menschen bewusst um ihr Recht. Das ist entweder unverschämt oder die undurchdachte Schockreaktion auf einen anrollenden Hartz-IV-Tsunami.

Quelle: Flensburger Tageblatt

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