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Leipziger Volkszeitung zu den Landtagswahlkämpfen 2008

Archivmeldung vom 07.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ausgerechnet 2008, 40 Jahre nach der westdeutschen Apo-Revolution, vier Jahrzehnte nach dem missglückten Prager Frühling und 18 Jahre nach dem geglückten Ende der DDR droht Deutschland angeblich in die Hand der Sozialisten zu geraten. Die Linkspartei wird in das eine oder andere Landesparlament einziehen - nichts und niemand ist zu erkennen, der sie überzeugend daran hindern könnte.

Der Staat nimmt sich der Managergehälter und des Mindestlohns an, angeführt von der Sozialdemokratin Angela Merkel, die im Tarnkostüm der CDU-Kanzlervorsitzenden die große Koalition verwaltet. Die Grünen können ihr Beziehungsgerüst variieren und mal bei den Roten oder den Merkel-Sozis unterschlüpfen. Die SPD hat sich an Tiefpunkte mit Kurt Beck als Höhepunkt gewöhnt. Sie wird von ihren hundsmiserablen Wahlergebnissen aus der Schröder-Ära profitieren, so dass sich die Urnengänge in Hessen, Niedersachsen und Hamburg - allesamt früher durchaus mit SPD-Profil geführt - zum bescheidenen Aufschwung schönrechnen lassen dürften. Natürlich hat das alles nichts mit einem Ruck hin zum Sozialismus zu tun, aber es ergibt die notwendige Grundmelange, um daraus als große Koalition den größtmöglichen Wahlkampfschaden anzurichten. Die einen wittern neuen Schwung für den alten Umverteilungsstaat. Die anderen warnen vor der verlassenen Mitte in der Gesellschaft. Und ganz Eifrige bedauern die Hartherzigkeit der Leistungsgesellschaft. Allen gemeinsam ist die Anfälligkeit, in billigen Populismus zu verfallen. Der verspricht bei Wahlen rasch ein paar Prozentpunkte, weil der Bürger als Wähler es bisher immer akzeptierte, ein wenig beschwindelt zu werden, Hauptsache es geht laut, stark und billig zu. So ist die SPD auf den Mindestlohn gekommen. Und der CDU am Rockschoß von Merkel drohte der Wechsel ins Lager der Herz-Jesu-Sozialisten. Einige schlimme Jugend-Kriminelle, ein paar spektakuläre Videoaufnahmen und erste Abwehr-Rituale führender Sozialdemokraten genügten, um der müden CDU-Truppe, angeführt vom Glücks-Wahlkämpfer Roland Koch, wieder festen konservativen Boden zu bescheren. Mit einfachen Thesen zum Strafvollzug, überlegenswerten Forderungen nach mehr Blitz-Arrest und mit einer ziemlich schlichten Vermischung multikultureller Vorbehalte mit latenter Sorge vor Angstzonen des Nachts und in Großstädten sieht sich die Union wieder im Angriff. Sachargumente - wo bleiben die Jugend-Richterplanstellen, wo die Arrest-Plätze, und sollen am Ende auch gewalttätige deutsche Jugendliche nach irgendwohin ausgewiesen werden? - finden kaum Beachtung. Das verzeiht man sich in Zeiten des heiß daher geredeten Wahlkampfgetümmels. Ein Wahlkampfjahr hat begonnen, bei dem schon von Beginn an der Wettlauf um die schlichteste Antwort im Gang ist. Da soll niemand mehr die große Lösung durch die große Koalition erwarten.

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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