Südwest Presse: Kommentar zur Rente
Archivmeldung vom 07.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWie sicher ist die Rente? Diese bange Frage stellen sich Generationen von Rentnern und Arbeitnehmern nicht erst, seit Norbert Blüm 1986 als Arbeitsminister meinte, die Sicherheit per Plakat bestätigen zu müssen. Seither gab es jede Menge Einschnitte, die im Prinzip unvermeidbar, aber auch unpopulär waren.
Ob die Garantie, dass es zu keinen Rentenkürzungen kommt, tatsächlich für mehr Vertrauen in die Sicherheit des Rentensystems sorgt, ist zu bezweifeln. Die Bürger wissen, dass die Probleme groß sind. Es geht um Generationengerechtigkeit - ein schwieriges Thema, schon weil jeder etwas anderes darunter versteht. Pillenknick und steigende Lebenserwartung bringen das Rentensystem durcheinander. Die Folgen lassen sich nicht einfach wegdiskutieren, zumal die schwierigsten Zeiten erst noch kommen. Rechnungen über das Jahr 2030 hinaus wagt keiner anzustellen. Sicher ist nur eines: Das Rentenniveau wird deutlich sinken. Die Senioren erwarten nach langen Arbeits- und Beitragsjahren eine auskömmliche Rente. Die Jungen müssen hohe Beiträge zahlen, viel höhere als die heutigen Rentner zu ihren aktiven Zeiten. Dabei wissen sie, dass sie selbst im Alter erheblich schlechter dastehen werden. Wie belastbar dieser Spannungsbogen zwischen Alt und Jung ist, lässt sich schwer sagen. Aber gerade die heutigen Rentner dürfen ihn nicht überspannen. Sonst versuchen immer mehr Junge, sich aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu verabschieden. Schon heute ist jeder dritte Wähler im Rentenalter, und der Anteil nimmt weiter zu. Gegen so eine Macht ist schwer Politik zu machen. Kein Wunder, dass Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) eiligst das Versprechen abgab, dass es zu keinen Rentenkürzungen kommt, obwohl er sie selbst für wahrscheinlich hält. Gerade angesichts der Macht der Rentner ist es gefährlich, Illusionen zu schüren. Etwa, dass es ohne Einschnitte und dadurch ein langfristig sinkendes Rentenniveau geht. Auch an einer längeren Lebensarbeitszeit, also der Rente mit 67, führt kein Weg vorbei. Denn Sozialpolitiker können Adam Riese nicht außer Kraft setzen: Wer mehr verteilen will, muss es irgendwem wegnehmen, entweder dem Beitrags- oder dem Steuerzahler. Beide sind nicht endlos belastbar. Für zusätzliche Spannung im System sorgt, dass an anderer Stelle mit großen Summen nicht gegeizt wird, weder bei der Bankenrettung noch bei den Altersbezügen von Managern. Es ist zwar gefährlich, einfach alles in einen Topf zu werfen. Aber zweifellos droht beim kleinen Mann das Gefühl zu entstehen, dass für ihn kein Geld mehr da ist, weil es die Spitzen schon verprasst haben. Die Quittung könnte es eines Tages bei den Wahlen geben. Die meisten Renten sind schon heute nicht üppig. Künftig werden sie noch mehr nur eine Basisversorgung sein. Die Altersvorsorge muss auf möglichst viele Beine gestellt werden. Doch die Finanzkrise hat gezeigt, dass auch private Vorsorge längst keine sichere Alternative ist. Mancher Rentner hat viel Geld mit angeblich sicheren Anlagen verloren. Die Lebensversicherer haben zwar die Turbulenzen bisher erstaunlich gut überstanden. Aber ihre Renditen fallen immer magerer aus. So manche Rechnung, die vor Jahrzehnten aufgestellt wurde, geht nicht mehr auf. Angesichts der vielfältigen Probleme sind Rentenpolitiker nicht zu beneiden. Wohlfeile Versprechungen sind leicht gemacht, aber nicht zu halten. Mit Sozialpolitik sind Wahlen nicht zu gewinnen, sondern höchstens zu verlieren, wenn die Bürger das Gefühl haben, dass es nicht gerecht zugeht. Alle Beteiligten müssen mit ihren Erwartungen auf dem Boden bleiben. Sonst gibt es eines Tages ein sehr unschönes Erwachen.
Quelle: Südwest Presse