LVZ: Zu Steuer-Mehreinnahmen
Archivmeldung vom 16.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Steuermilliarden sprudeln, die Arbeitslosenmarke sinkt Richtung Drei-Millionen-Grenze und von März bis April wird dank der WM-Stimmung im letzten Sommer sogar so etwas wie ein Geburtenhoch über das Land kommen. Deutschland, ein Wintermärchen? Geht jetzt trotz großkoalitionärer Flickschusterei bei wichtigen Reformvorhaben ein Ruck durch das Land? Ist die Lage am Ende schon besser als die Stimmung?
Vorsicht, Euphorie-Falle! Denn, so erfreulich diese Daten einzeln
betrachtet zunächst sein mögen, vor größeren Jubelausbrüchen muss
gewarnt werden. Das Steuerhoch zum Beispiel:Es ist zum größten Teil
der angesprungenen Konjunktur zu verdanken. Die staatlichen Einnahmen
profitieren vor allem davon, dass deutsche Unternehmen in den letzten
Jahren ihre Hausaufgaben erledigt haben und damit im internationalen
Vergleich viel besser als vorher aufgestellt sind.
Die Politik hat das nur sehr dezent flankiert. Einige Entscheidungen
der Koalition wie das milliardenschwere Wachstumsprogramm von Bund
und Ländern für Privatinvestitionen des Mittelstandes haben
sicherlich Wirkung gezeigt. Zu wenig aber für einen anhaltend großen
Schub. Und am nächsten dicken Brocken, der Unternehmenssteuerreform,
könnte sich die Koalition gleich ganz verschlucken. Dann wäre wieder
politischer Stillstand angesagt. Kontraproduktiv für ein Land, dessen
wirtschaftliche Rahmenbedingungen jetzt festgezurrt werden müssen, um
in den nächsten Jahrzehnten im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Noch ist es allerdings nicht soweit. Und zu übertriebenem Pessimismus
besteht genauso wenig Anlass wie zu übersteigertem Optimismus. Der
Bundesregierung ist zumindest ein gesunder Hang zur Realität nicht
gänzlich abzusprechen. Während Vorgänger "Hans im Pech" Eichel in der
rot-grünen Bundesregierung aus jedem zarten Konjunkturfrühling gleich
den wirtschaftlichen Generalumschwung für die nächsten Jahre
ableitete, bleibt Finanzminister Steinbrück strikt in der Defensive
und auf dem Boden der Erwartungen.
Das hat eine logische Konsequenz, der man sich nicht verschließen
kann. Erstens, weil sich Steinbrück - wenn es wieder schlechter läuft
und die für 2007 hochgerechneten Prognosen der Wirtschaftsforscher
daneben liegen - für die Schönfärberei nicht verantworten muss. Und
zweitens ist es auch perspektivisch nicht falsch, weil die weiter
angezogene Handbremse bei den Ausgaben immer noch einer beschämenden
Zahl Rechnung trägt:Den 1500 Milliarden Gesamtschulden des Landes,
die wie Blei auf der Zukunft unserer Kinder liegen.
Ob der Finanzminister mit seiner konservativen Ausgabenpolitik sich
im Kabinett durchsetzen kann, wird spannend zu beobachten sein.
Kollegin von der Leyen meldet als Familienberaterin der Nation ja
fast täglich Bedarf an. Zuletzt mit dem Vorstoß zur Schaffung
hunderttausender neuer Krippenplätze. Das ist nett gedacht, aber
irgendwer muss schließlich die Zeche dafür bezahlen. Und da könnte
die erfreuliche Meldung vom Geburtenhoch für Steinbrück noch
unerfreuliche Folgen haben.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung