Lausitzer Rundschau: Zu Transrapid/Unfall: Transrapid-GAU
Archivmeldung vom 23.09.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErst in diesen Tagen haben die Transrapid-Förderer, allen voran Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), eine neue Initiative gestartet, um der Magnetschwebebahntechnik in Deutschland endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
"Durchschlagen" wollte Stoiber noch am
Mittwoch den Gordischen Knoten, der bislang dem Transrapid den Weg
zwischen München-Hauptbahnhof und dem Flughafen versperrt hatte.
Seit gestern Vormittag, zehn Uhr, ist alles anders. Obwohl nur ein
einziger Transrapid in Deutschland auf einer ganz kurzen
Versuchsstrecke im Emsland unterwegs ist, gab es Tote und Verletzte.
Für die Transrapid-Förderer in der Politik und das
Industrie-Konsortium ist das der größte anzunehmende Unfall.
Ist die Magnetbahntechnik damit tot? Das hängt überwiegend von den
Untersuchungen der Unfallursache ab, die hoffentlich objektiv und
unabhängig geführt werden können. Im Zentrum der Diskussionen der
nächsten Tage und Wochen wird die Frage stehen, ob das Desaster im
Emsland Magnetbahn-spezifisch war. Der simple Verweis auf
"menschliches Versagen" wäre viel zu wenig, denn wie im Luftverkehr
oder bei der Hochgeschwindigkeits-Bahntechnik wird perfekte
Sicherheitstechnik erwartet.
Konkret: Hätte eine herkömmliche Steuerung mit Fahrer im Führerstand
den Unfall verhindert oder abgemindert? Ist es wirklich immer ein
Vorteil, wenn ein Zug nicht entgleisen kann? Mindert es die Chancen
der Verunglückten, wenn sich die Retter an einen aufgeständerten Zug
heranarbeiten müssen? Solche und andere Fragen sind letztlich
wichtiger als die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass ein
Arbeitswagen auf dem Fahrweg stand. An den Antworten werden auch
Magnetbahn-Interessenten aus der ganzen Welt höchst interessiert
sein.
Sicher, auch ein ICE, der beispielsweise zwischen Ingolstadt und
Nürnberg regulär mit Tempo 300 unterwegs ist, kann mit schlimmen
Folgen auf ein aufs Gleis geratenes Hindernis aufprallen. Der
ICE-Unfall von Enschede hat gezeigt, welche Risiken auch die
herkömmliche Rad-Schiene-Technik in sich birgt.
Bislang argumentierten die Gegner vor allem mit den hohen Kosten und
dem beachtlichen Energieverbrauch der Magnetbahntechnik. Jetzt
spricht viel dafür, dass an diesem schwarzen Freitag mehr als nur ein
Transrapid-Versuchszug auf der Strecke geblieben ist.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau