Neues Deutschland: zu neuen Lauschplänen aus dem Innenministerium
Archivmeldung vom 26.09.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNicht nur der Kreis der Verdächtigen, sondern auch der Kreis der Verdacht Hegenden wird ständig vergrößert. Außer der Polizei soll auch der Geheimdienst Zugriff haben auf den inzwischen unüberschaubaren Kreis an potenziellen Verdächtigen - natürlich nicht nur auf ihre gespeicherten Telefonverbindungsdaten, sondern auch auf die private Wohnung, den privaten Computer, den genetischen Fingerabdruck.
Man müsse einem Ministerium solche Gedankenspiele erlauben, wenn es seine brisanten Aufgaben erfüllen solle, heißt es in solchen Momenten gern Und doch fällt vor allem der Zeitpunkt auf, zu dem das Papier des Schäuble-Ministeriums öffentlich geworden ist. Denn nicht der Wunsch ist neu, dem Verfassungsschutz neue Befugnisse zu verleihen, sondern die Chance ist brandaktuell, sie in einer neuen Regierungskoalition umzusetzen. Nicht immer in der zu Ende gehenden Vorwahlzeit war so deutlich, was alles auf dem Spiel steht bei der Wahlentscheidung am Sonntag - zuletzt vielleicht mit dem industriepolitischen Grusel-Konzept aus dem Wirtschaftsministerium. Doch solche Momente erlauben zugleich einen seltenen Blick in das Innenleben der ministeriellen Beamtenburgen. Und dieser ist auch nicht erbaulicher als der auf die Parteien, die alle vier Jahre einen neuen Chef liefern. Beunruhigend der Gedanke, dass die Ministerialbürokratie die Weichen stellt, wer immer auch vorübergehend Dienstherr ist. Eine dunkle Macht, die selbst nicht zur Wahl steht.
Quelle: Neues Deutschland