Westdeutsche Zeitung: Der endlose Streit
Archivmeldung vom 09.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEigentlich müsste Ruhe an der Koalitionsfront herrschen - hat man doch die Gesundheitsreform auf dem kleinsten Nenner als Kompromiss vereinbart. Doch der Adrenalin-Spiegel der Akteure scheint noch so hoch zu sein, dass der endlose Streit mit Vehemenz fortgesetzt wird.
SPD-Fraktionschef Peter Struck war es, der
die altbekannte Tatsache wiederholte, wie schwer es die
Ministerpräsidenten der Union der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela
Merkel machen. Sie habe bei der Durchsetzung der Gesundheitsreform
noch einen schweren Weg vor sich. Merkel platzte daraufhin der
Kragen. Nun sei SPD-Chef Kurt Beck gefordert, den erkennbar aus dem
Ruder laufenden Struck zurückzupfeifen.
Prompt meldete sich Beck zu Wort, doch anders, als es Merkel lieb
ist. Sagte er doch voraus, es werde Führungskämpfe in der Union
geben. Die Kanzlerin werde noch Mühe haben, die Machtfrage endgültig
zu klären. Dass die Union zudem nach den Worten Becks Deutschland
ungeübt regiere, war ein massiver Affront.
Dabei hat Beck durchaus recht. Das Schauspiel, das CDU und CSU bei der Gesundheitsreform geboten haben und noch immer bieten, zeugt wenig von Professionalität. Die Ministerpräsidenten der Union haben freilich gute Gründe, versuchen sie doch, die schlimmsten Fehler der Reform auszubügeln. Die Kanzlerin war es, die ihnen inhaltliche Probleme mit ihrer vorauseilenden Kompromissbereitschaft eingebrockt hat. Wenn es zu Machtkämpfen in der Union kommt, dann liegt es wohl auch daran, dass Merkel ein Machtvakuum erzeugt. Womit sie ein Teil des Problems ist, das die Sozialdemokraten benennen - und damit nicht ganz erfolglos versuchen, Wählersympathien für ihre Seite zu gewinnen. Mag es fies sein, legitim ist es dennoch.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung