Wiesbadener Kurier: Walle, walle?
Archivmeldung vom 09.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Ach, ich merk es! Wehe, wehe": An Goethes "Zauberlehrling" erinnert zur Zeit landauf, landab die deutsche Schulpolitik. Der große Katzenjammer nach Einführung des auf acht Jahre verkürzten Gymnasiums ist nur ein Beispiel für schlecht vorbereitete Entscheidungen und Experimentierfreude bis zur Selbstüberschätzung.
Nur: im föderalen Deutschland gibt es den großen Meister nicht, der die Dinge wieder in Ordnung bringt. Vielmehr verführt ihre Kulturhoheit Landesregierungen mangels anderer wichtiger Betätigungsfelder dazu, sich hier zu profilieren. Das Ergebnis ist Durcheinander und erschwert Eltern mit schulpflichtigen Kindern den Umzug von einem Bundesland zum anderen. "Walle, walle, manche Strecke, dass zum Zwecke" - ¬Universaldenker Goethe wusste, wie es danach weitergehen musste. Heute dagegen wird viel zu kurzatmig Ungereimtes produziert. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger zum Beispiel will der Überbelastung der G8-Schüler mit Kürzungen in den naturwissenschaftlichen Fächern begegnen. "Ach, nun wird mir immer bänger": Dies sind Zukunftsdisziplinen, die eigentlich den so dringend benötigten Nachwuchs an Ingenieuren, IT-Spezialisten und Forschern anlocken sollen. Wir können alles ¬außer Schulpolitik? "Nein, nicht länger kann ich's lassen", und darum wird es Zeit für eine richtig große Koalition zugunsten von Schülern, Eltern und Lehrern, denen bundesweite Abiturstandards zugemutet werden sollen, ohne dass dafür die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Noch immer doppeln sich Lehrpläne in verschieden Fächern, gibt es Unterrichtsausfall (in Hessen kaschiert als Unterrichtsgarantie Plus), viel zu große Klassen und zu wenig individuelle Förderung.
Quelle: Wiesbadener Kurier