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Keine Wollmilchsau

Archivmeldung vom 15.07.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.07.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Es entbehrt mitunter nicht ei­ner gewissen Komik, wie sich EZB-Granden in Sachen digitaler Euro immer wieder winden und bemüßigt fühlen zu betonen, dass es noch keine Entscheidung für die Einführung gebe, dass bislang doch alles nur ein Erforschen und Erproben sei. Formal stimmt das natürlich. Aber de facto scheint die Entscheidung längst gefallen. Zu groß ist der Druck der EU-Politik, zu klar auch die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde & Co. Trotz aller Verbalverrenkungen seitens der EZB - der digitale Euro wird kommen.

Laut EZB könnte der Bürger den Digital-Euro bereits in fünf Jahren in seiner E-Wallet haben. Dieser Zeitplan erscheint aktuell aber arg ambitioniert. Das zeigt auch das Beispiel Schweden: Die Riksbank als Europas Pionier beim digitalen Zentralbankgeld kommt bei der E-Krona nicht so schnell voran wie gedacht. Verzögerungen sind aber auch kein Drama. Zwar spricht ohne Frage vieles für digitales Zentralbankgeld und den digitalen Euro: Nicht zuletzt geht es darum, auch perspektivisch den Zugang zu Zentralbankgeld zu sichern und den Einfluss fremder, mehr aber noch privater Digitalwährungen zu verhindern. Mindestens genauso sicher ist aber, dass es richtig gemacht werden muss. Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.

Denn so verlockend das generelle Projekt ist, so diffizil sind die technischen Details und praktischen Fragen: Eine große Frage ist etwa, ob der Digital-Eu­ro auf einer dezentralen Blockchain-Technologie basieren sollte - was die Einsatzoptionen etwa in der Industrie 4.0 erhöhen, aber zugleich die Kontrollmöglichkeiten der EZB schmälern würde. Alles andere als eine Kleinigkeit ist auch die Frage, wie sich Anonymität und Offline-Nutzung als Kernelemente von Bargeld replizieren lassen. Überhaupt ist da die Frage nach dem Datenschutz - der Europas Bürgern am wichtigsten ist. Und die EZB muss sicherstellen, dass sie nicht dem Bankensektor den Garaus macht. Das wäre für die Finanzstabilität wie für die Geldpolitik ein Riesenproblem.

Zugleich muss sich die EZB bei allem aktuellen Hype um das Thema tunlichst davor hüten, überzogene Erwartungen zu schüren - bei den Bürgern und Unternehmen wie bei der Politik: Der digitale Euro wird nicht den Wunsch vieler Bürger nach einem absolut sicheren Notenbankkonto statt des gemeinen Bankkontos erfüllen. Er ist auch kein Allheilmittel für die nötige Digitalisierung der Euro-Wirtschaft und den verbreiteten Innovationsmangel bei Europas Banken. Und er kann auch nicht allein die wirtschaftliche Souveränität Europas sichern. Bei allen Vorteilen - der digitale Euro ist keine eierlegende Wollmilchsau.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schrörs

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