Lausitzer Rundschau: Bundestag debattiert Haushalt für 2009
Archivmeldung vom 17.09.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundeshaushalt wird gern als Schicksalsbuch der Nation bezeichnet. Für die Große Koalition ist der jüngste Etatentwurf auch so etwas wie ein finanzpolitisches Abschlusszeugnis. Geht es doch um die Zahlenreihen für das kommende Jahr der Bundestagswahl.
Zieht man einen Strich darunter, dann kann sich die Bilanz der Koalition durchaus sehen lassen. Und trotzdem ist sie nicht gut genug, um Deutschland dauerhaft vor finanzpolitischen Abgründen zu bewahren. Mit einer Summe von 10,5 Milliarden Euro liegt die Neuverschuldung im Jahr 2009 nur noch bei einem Drittel des Kreditbedarfs im letzten Regierungsjahr von Rot-Grün. 2010 soll sie gar auf den Stand von 1974 sinken und ab 2011 komplett der Vergangenheit angehören. Diese Perspektive klingt zweifellos ermutigend. Peer Steinbrücks Vorgänger als Finanzminister, Hans Eichel, war zwar von ähnlichen Plänen beseelt, um schließlich grandios zu scheitern. Doch Steinbrück kann von Rahmenbedingungen zehren, die Eichel versagt geblieben sind. Dazu gehört in erster Linie ein länger anhaltendes Konjunkturhoch mit sprudelnden Steuereinnahmen und deutlichen Beschäftigungszuwächsen. Allerdings verdeckt dieser glückliche Umstand auch, dass Schwarz-Rot das Sparen nicht wirklich erfunden hat. Ein einfacher Zahlenvergleich mag das verdeutlichen: Für 2009 fallen die Steuereinnahmen nach Steinbrücks Rechnung um fast 60 Milliarden Euro höher aus als noch vor vier Jahren. Und trotzdem muss sich der Bund dann immer noch Milliarden bei den Banken pumpen. Hinzu kommt die größte Belastungsorgie in der Geschichte der Bundesrepublik. Da wurde die Mehrwertsteuer erhöht, die Pendlerpauschale gekürzt, der Sparerfreibetrag halbiert und die Eigenheimzulage ganz abgeschafft. Auch diese Einschnitte summieren sich zu Milliarden. Umso mehr müssen sich Union und SPD die Frage gefallen lassen, warum sie bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen nicht ehrgeiziger vorgegangen sind. Zumal auch der schönste Konjunkturhimmel irgendwann an Strahlkraft verliert. Die Vorboten dafür sind unverkennbar. Das jüngste Beben an den internationalen Finanzmärkten könnte auch in Deutschland die Investitionsneigung trüben. Dadurch sinkt das Wachstum, und der Staat nimmt weniger Steuern ein. Das wohl größte Risiko für Steinbrücks Zahlenwerk ist allerdings die Große Koalition selbst. Gerade im Wahljahr 2009 möchte mancher Minister gern mit Geschenken an die Bürger glänzen. Das kostet natürlich zusätzlich. Bislang setzt die Regierung darauf, dass die Staatseinnahmen schon irgendwie mit den höheren Ausgaben Schritt halten werden. Doch wehe, wenn die Turbulenzen an den Finanzmärkten weiter zunehmen und das Wachstum unerwartet stärker schrumpft, als in Steinbrücks Zahlenwerk zugrunde gelegt. So hat es wohl auch Methode, dass der Bundesfinanzminister den Beginn des neuverschuldungsfreien Zeitalters erst auf das Jahr 2011 datiert. Wer weiß schon, wie eine künftige Bundesregierung über seinen Zeitplan denkt. Mit politischer Seriosität hat das wenig zu tun.
Quelle: Lausitzer Rundschau