Rheinische Post: Doping, weil nur der Sieg zählt
Archivmeldung vom 18.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Chef-Beschwichtiger bei der Tour de France sollten sich eine neue Zählweise zulegen. Denn sie müssen nun schon drei so genannte Einzelfälle erklären. Allen Neuanfangs-Beschwörungen zum Trotz ist das größte Radrennen der Welt wieder mal auch die größte Doping-Show. Der Skandal von 2007 wird konsequent fortgeschrieben.
Nach den Mitläufern aus Spanien hat es gestern einen der Großen erwischt. Riccardo Ricco, der verdächtig frisch über die Berge flog, hat sein Leistungsvermögen durch das Modemittel Epo gesteigert. Die Dopingfahndung ist wirksamer geworden, aber das Grundübel ist nicht beseitigt. Noch immer wissen die Spitzenkräfte, dass ohne Beistand aus den Labors das Gelbe Trikot in unerreichbarer Ferne liegt. Sie dopen deshalb in vorauseilender Anerkennung der Szene-Gesetze, deren wichtigstes heißt: Es geht um den Sieg. Dafür ist weiterhin jedes Mittel recht. Die Sportart hat eine Parallelgesellschaft herangebildet, in der ein Wettlauf zwischen Dopingfahndern und Doping-Benutzern wie eine sportliche Disziplin betrachtet wird. Wer erwischt wird, hat eben Pech gehabt. Das ist zynisch. Und es ist ein Betrug am Zuschauer. Denn der kann der eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen. Und bejubelt nur noch einstweilige Sieger - bis zur nächsten Dopingprobe.
Quelle: Rheinische Post (von Robert Peters)