Lausitzer Rundschau: Champion oder "Bad Boy"?
Archivmeldung vom 21.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor der WM forderte er eine eingeschränkte Freigabe von Doping-Mitteln, dann warf er dem Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes Untätigkeit vor, schließlich vergriff er sich im Ton gegenüber dem Dopingopfer-Hilfe-Verein.
Keine Frage: Diskus-Weltmeister Robert Harting trägt sein Herz auf der Zunge und mit dieser Mentalität hat er in den Tagen von Berlin fast kein Fettnäpfchen ausgelassen. Es drängt sich der Eindruck auf, der gebürtige Cottbuser wirft den Diskus weiter als er denkt. Robert Harting ist mit 24 Jahren ein junger Mann. Sein Aufstieg in den beiden vergangenen Jahren war fast kometenhaft: 2007 Zweiter bei der WM, 2008 Vierter bei den Olympischen Spielen, jetzt WM-Sieger in Berlin. Schon vorher hatte der Wahl-Berliner das Image als "Bad Boy" - also des wilden Jungen - der deutschen Leichtathletik. "Vom Disko-Schläger zum Diskus-Sieger" war eine Schlagzeile aus dieser Zeit. Dieses Bild hat Harting trotz anderer Beteuerungen als Selbstschutz weiter kultiviert und gepflegt, mit martialischen Bildern in Ketten, aber vor allem mit vielen unbedachten Äußerungen, die immer wieder zu heftigen Diskussionen um den Diskus-Riesen führten. Sportlich hat er alle vollmundigen WM-Ankündigungen mehr als eindrucksvoll erfüllt. Und als Weltmeister mit dem Diskus hat er in Berlin die nächste Stufe seiner Karriere gezündet. Größere Popularität, Auszeichnungen und Werbeverträge warten. Damit muss Harting aber auch seiner Vorbildwirkung gerecht werden. Seine aufrichtig wirkende Entschuldigung und gezeigte Reue gegenüber den Doping-Opfern war ein guter Anfang. Jetzt muss Harting ohne seine Authentizität aufzugeben, das gerade im Sport vielfach vorgelebte Fair Play verinnerlichen, also die Achtung und den Respekt vor dem sportlichen Gegner und die Wahrung seiner physischen und psychischen Unversehrtheit. Gelingt Robert Harting dies, kann er bald nicht nur Weltmeister, sondern ein echter Champion sein. Gelingt dies dem Weltmeister nicht, wird er nur der "Bad Boy" bleiben.
Quelle: Lausitzer Rundschau