Schwäbische Zeitung: Dem Militär droht die Isolation
Archivmeldung vom 27.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer im Bodenseeraum lebt, kennt die Bundeswehr schon seit Jahren nur noch aus den Medien - wenn er nicht zufälligerweise direkt mit dem Militär verknüpft ist. Einst vorhandene Standorte sind Geschichte. Dies wird künftig für weitere Gebiete gelten. So bleiben im Dunstkreis der Schwäbischen Alb gerade noch zwei Bundeswehr-Schwerpunkte zurück: Stetten am kalten Markt sowie Ulm samt Dornstadt. Womit ein zentrales Problem der neuen Wehrstruktur deutlich wird. Weniger Soldaten bedeuten weniger Standorte. Weshalb das Militär demnächst für noch mehr Deutsche weit weg sein wird. Hinzu kommt die Aussetzung des Wehrdienstes. Durch beides zusammen droht der Bundeswehr eine gesellschaftliche Isolation.
Eine solche Entwicklung kann weder dem Bürger noch dem Militär gleichgültig sein. Dem Bürger nicht, weil die Bundeswehr ausdrücklich seine Armee ist, die nur durchs Parlament zum Einsatz legitimiert werden kann. Das Militär muss sich wiederum Sorgen machen, dass der Kontakt zum Volk auf ein Minimum schrumpft. Das Problem: Was der Bürger nicht kennt, wird ihm schnell unheimlich. Eventuell verliert er es auch aus seiner Wahrnehmung. Die Rekrutierungsstellen der Bundeswehr werden dies rasch merken.
Schon jetzt tun sich die Werber schwer, junge Menschen zum Eintritt ins Militär zu motivieren. Wilde Krieger, die Interesse haben, will die Bundeswehr eher nicht. Sie taugen kaum für Einsätze wie in Afghanistan, wo Soldaten manchmal in Sekundenschnelle von Krieg auf Aufbauhilfe umschalten müssen. Die gefragten Kandidaten haben aber dagegen überall Chancen. Ihnen erscheint ein Wehrdienst in seiner gegenwärtigen Form nicht unbedingt attraktiv. Ob die Militärführung daran groß etwas ändern kann, steht in den Sternen. An diesem Punkt entscheidet sich aber die ganze Reform. All die schönen, in den vergangenen Monaten ausgearbeiteten Pläne würden nämlich Makulatur, wenn sich selbst die verbliebenen Kasernen nicht mehr füllen ließen.
Quelle: Schwäbische Zeitung (ots)