Stuttgarter Nachrichten: Auf Titelkurs
Archivmeldung vom 01.07.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo viel ausgelassener Jubel, so viel Ekstase war selten in einer deutschen Fußballarena. Man musste Angst haben, die Druckwelle der Euphorie könnte das Dach des Olympiastadions wegfegen. Als sich der Jubel Bahn brach, als die großen Gefühle explodierten.
X:X gegen
Argentinien nach Elfmeterschießen. Niemand, so scheint es, kann diese
deutsche Elf stoppen. Nicht einmal die Tempo- und Filigranfußballer
aus Südamerika - der große, scheinbar übermächtige WM-Favorit! Nun
muss sich die DFB-Auswahl an den höchsten Ansprüchen messen lassen.
Der schwarz-rot-goldene Traum lebt weiter, stärker denn je.
Weltmeister? Jetzt erst recht!
Es war eine etwas perfide Frage, die Jürgen Klinsmann dieser Tage
beantworten sollte. Ob die Nationalmannschaft womöglich mit Absicht
mit 1:4 in Italien verloren habe - um der Welt ein verzerrtes Bild
über ihre wahre Verfassung zu liefern, um die Konkurrenz in
Sicherheit zu wiegen? Diese Idee ist so abwegig nicht. Vier Monate
nur liegt das unheilvolle Spiel zurück. Vier Monate, in denen
Klinsmann seine Truppe auf atemberaubende Weise runderneuert hat.
Klinsmann, wen wundert es, konnte über obige Frage nicht einmal
schmunzeln.
Der Stuttgarter ist auf Erfolg geeicht. Er setzt bedingungslos auf
die Überzeugungskraft seiner Arbeit und seiner Worte. Für Zweifel ist
bei ihm kein Platz. Er hat der Mannschaft einen fast übersinnlichen
Glauben an die eigenen Stärken vermittelt. "Er hat Dinge zu uns
gesagt, an die wir zunächst gar nicht glauben konnten", sagt
Christoph Metzelder. Darin liegt Klinsmanns große Leistung. Er hat
aus Zauderern Draufgänger gemacht, die wilde Entschlossenheit mit
fußballerischer Klasse und sogar spielerischer Eleganz kombinieren.
Das macht sie so sympathisch. Das trägt auch zum hohen Ansehen bei,
das Deutschland als WM-Gastgeber weltweit errungen hat.
In Abwandlung des WM-Slogans stand auf einem Transparent im
Olympiastadion zu lesen: "Freunde zu Gast beim Weltmeister." Das ist
keine Überheblichkeit. Das ist neu gewonnenes Selbstbewusstein. Zwei
Siege trennen den deutschen Fußball von der Sensation.
Quelle: Pressemitteilung Stuttgarter Nachrichten