Lausitzer Rundschau: Fünf Jahre Hartz-Reform
Archivmeldung vom 16.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs mag Zufall sein, dass der heftige Streit über Mindestlohn und Arbeitslosengeld II mit dem Jubiläum der Hartz-Reform zusammenfällt. Aber die Debatte zeugt einmal mehr von der politischen Sprengkraft, die bei der überfälligen Neuordnung des Arbeitsmarktes immer mit im Spiel war.
Schon als Peter Hartz - inzwischen längst im
VW-Skandal versunken - vor fünf Jahren sein gleichnamiges Programm
präsentierte, gingen die Meinungen erheblich auseinander. Der
damalige Kanzler Gerhard Schröder feierte den Personalchef des
größten deutschen Autobauers als beschäftigungspolitische Heilsfigur,
andere beschimpften ihn als Sargträger des Sozialstaats. Keine dieser
Prophezeiungen hat sich wirklich erfüllt. Gemessen an den
hochgesteckten Erwartungen fallen die Ergebnisse der Hartz-Reform
allerdings ernüchternd aus.
Das hat auch mit einem Missverständnis zu tun. Jenseits aller
politischen Irrungen über gesetzliche Details war die Reform immer
auf eine passgenauere und schnellere Vermittlung der Arbeitslosen
angelegt. Doch wo es kaum Jobs gibt, nützt auch die beste Vermittlung
wenig. So kam es, dass die Massenarbeitslosigkeit in den ersten
Jahren der Hartz-Zeitrechnung weiter nach oben schnellte, ja sogar
schnellen musste. Denn mit der ordnungspolitisch gebotenen
Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe tauchten plötzlich
mehrere Hunderttausend Menschen zusätzlich in der Nürnberger
Statistik auf. Sie hatte der Sozialstaat zum Teil schon seit
Jahrzehnten alimentiert, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen.
Erst durch die Hartz-Reform wurde die versteckte Arbeitslosigkeit ins
öffentliche Bewusstsein gerückt. Vor diesem Hintergrund erscheinen
auch die nahezu konstant hoch gebliebenen Erwerbslosenzahlen in einem
etwas anderen Licht. Bei der Geburtsstunde der Hartz-Pläne im Sommer
2002 waren es 3,8 Millionen. Heute sind es lediglich 100 000 weniger.
Natürlich kann die Entwicklung nicht befriedigen. Vor allem wegen
der guten Konjunktur hat die ungeliebte Reform jedoch ihren
ausschließlich negativen Anstrich verloren. Dass sich die SPD
trotzdem damit schwer tut, resultiert aus ihrer Zerrissenheit gerade
wegen der Hartz-Gesetze. Durch das einheitliche Arbeitslosengeld II
wurden vor allem ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe schlechter
gestellt. Hinzu kamen die verschärften Zumutbarkeitsregeln zur
Annahme eines Jobs. Alles zusammen trug der SPD den Ruf ein, die
soziale Gerechtigkeit zu beerdigen. Von diesem Tiefschlag haben sich
die Genossen bis heute nicht erholt. Zumal die Linkspartei damit
populistisch Furore macht. In ihrer Verzweiflung setzt die SPD nun
auf den Mindestlohn. Doch damit distanziert sie sich auch ein Stück
von ihrer eigenen Reform.
Den Hartz-Plänen liegt der Gedanke zugrunde, besser eine schlecht
bezahlte Arbeit anzunehmen als gar keine. Von Lohnuntergrenzen war
dabei nie die Rede.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau