Börsen-Zeitung: Goldman hängt in den Seilen
Archivmeldung vom 17.12.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEinbrechende Erträge auf breiter Front, Milliardenbelastungen im Handel und aus Beteiligungen und unter dem Strich der erste Verlust seit dem Börsengang vor neun Jahren: Vermutlich muss das Ergebnis einer Investmentbank so aussehen, wenn wie in den vergangenen Monaten die Aktienkurse derart auf Talfahrt gehen, Risikoaufschläge explodieren und das Investment Banking austrocknet.
Dies haben sich offenbar die Investoren gedacht, welche die Aktien von Goldman Sachs am Dienstag nach deutlichen Verlusten zuvor prozentual zweistellig springen ließen. Es bleibt der Befund, dass Goldman, die noch im Quartal per Ende Mai der Krise zu trotzen schien, derzeit schwer in den Seilen hängt.
Um das Risiko zu reduzieren, hat das Institut seine Bilanzsumme im Laufe des Quartals zwar um knapp ein Viertel verringert. Der Anteil jener Vermögenswerte, für die es derzeit keine objektiven Bewertungsmaßstäbe gibt, hat dadurch freilich von gut 6% auf 7,5% noch zugenommen. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Aktienkurs auch nach der Rally am Dienstag noch um rund ein Viertel unter dem Buchwert per Ende November liegt.
Schon um ihrer längerfristigen Refinanzierung willen ist die Bank darauf angewiesen, dass die staatlichen Hilfsmaßnahmen der Branche aus der Patsche helfen. Nur dank einer Garantie der Einlagensicherung ist es ihr derzeit möglich, unbesicherte Schuldtitel unter die Anleger zu bringen. Doch auch operativ hakt das Geschäftsmodell in einer Phase, in der nicht nur Goldman, sondern auch alle anderen Konkurrenten ihren Hebel aggressiv verkürzen.
Dies zeigt sich an der Entgeltstruktur. Auch wenn die Bank ihren Personalaufwand im abgelaufenen Geschäftsjahr glatt halbiert hat - der Anteil der Vergütungen an den Erträgen ist, schon ohne die Abfindungen vom Schlussquartal, um 4 Punkte auf 48% gestiegen. Abzulesen ist es aber auch an einer Eigenkapitalrendite, die 2008 von knapp 33% auf nicht mehr 5% einbrach. Goldman muss ausharren, bis sich die Märkte erholen.
Bislang verstand es die Bank, vage zu bleiben in der Frage, ob sie nach ihrem Wandel zur Geschäftsbank ihre Aktivitäten verbreitern und das Einlagengeschäft forcieren wolle. Lässt die Erholung auf sich warten, wird ihr über kurz oder lang keine Wahl bleiben.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Neubacher)