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Börsen-Zeitung: Trick or Treat?

Archivmeldung vom 01.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Passend zum Halloween-Fest laufen aus China gruselige Konjunkturdaten ein. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für den Industriesektor, der die Stimmungslage bei den großen Zugpferden im Verarbeitenden Gewerbe abbildet, fällt wesentlich stärker als erwartet auf 50,2 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren zurück. Im Klartext heißt das, dass die Industrieproduktion zuletzt praktisch nicht mehr vom Fleck kam. Auch der bislang robuste Dienstleistungssektor verliert einiges an Schwung.

Über die Ursachen für den Stimmungsknick braucht nicht lange gerätselt zu werden. Der Handelsstreit zwischen China und den USA hat zwar noch nicht sichtbar auf die Außenhandelsvolumina abgefärbt, sorgt aber für niedrige Exportorder, Verunsicherung bei Unternehmensentscheidern und Zurückhaltung bei den Konsumenten. Nachdem Chinas Wirtschaft im dritten Quartal bereits langsamer als erwartet gewachsen ist, kommen nun erste Warnzeichen für eine beschleunigte Talfahrt im Schlussquartal. Das Klima wird zusätzlich von US-Präsident Donald Trump angeheizt, der mit weiter verschärften Strafzollmaßnahmen gegen China kokettiert.

Zu Halloween ziehen in den USA die Kinder in Verkleidung von Haustür zu Haustür und rufen "Trick or Treat?". Damit wird man vor die Wahl gestellt, ihnen entweder Süßigkeiten zu spendieren oder einen Streich gespielt zu bekommen. Trump, dessen Gebaren oft mit dem eines zornigen Kindes verglichen wird, scheint im Hinblick auf ein anstehendes Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping entsprechendes im Sinn zu haben: Entweder wird China Konzessionen machen, um einen "großartigen Deal" zu erlauben, oder aber die zweite Strafzolllawine losgetreten.

Nach allen bisherigen Erfahrungen mit Trumps Verhandlungstaktik ist die volle Entfaltung der im Raum stehenden handelspolitischen Strafen unabhängig vom Gesprächsausgang beim Treffen Ende November bereits beschlossene Sache. Chinas Wirtschaftsplanern wird klar, dass mit einer Abwartehaltung nichts zu gewinnen ist, und irgendwann sowieso fällige Stimuli besser früher als später eingeleitet werden sollten. Am Mittwoch hat das Politbüro wissen lassen, dass man zeitnahe Schritte zur Abwendung der konjunkturellen Schwäche als notwendig ansieht. In China werden also Bonbons zu Halloween verteilt, allerdings nicht als handelspolitische Konzessionen an die USA, sondern in Form eines Stimuluspakets an der heimischen Front.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Norbert Hellmann

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