Rheinische Post: Die Noten-Not
Archivmeldung vom 10.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs soll ein Befreiungsschlag sein: Nach wochenlanger Kritik am Zentralabitur in Mathematik wird Schülern nun also eine Zweitklausur angeboten. Ob es gelingt, das Thema damit abzuräumen, ist fraglich. Denn jener Schlag ist hastig, fast panisch geführt worden. Zu lange hat das Schulministerium alle Klagen forsch als spekulativ und fachlich ungerechtfertigt abgetan.
Nun hat eine Stichprobe unter 52 Leistungskursen gereicht, um rasch eine Nachprüfung anzubieten. So eng ist der Zeitrahmen, dass selbst die Schüler von einer zweiten Chance nicht reden wollen. Auch die harte Kritik der Schulleiter ist nicht von der Hand zu weisen: Das ganze Verfahren trägt Züge der Willkür. Soll jetzt jede Abiturprüfung, in der es auffällige Noten-Schwankungen gibt, wiederholt, nachgebessert, ausgeglichen werden? Die Glaubwürdigkeit des Zentralabiturs ist erschüttert, obwohl das Ziel gut bleibt: Leistungsstandards zu setzen. Das Schulministerium steht nun in der Pflicht zu beweisen, dass zentrale Prüfungen angemessen anspruchsvoll, dabei fair und nicht beliebig sind. Aus einem Offensiv-Thema bessere Bildung durch Qualitätsstandards ist für die Regierung Rüttgers ein Defensiv-Thema geworden. Das ist der politische Preis dieser Nachschreibe-Klausur.
Quelle: Rheinische Post (von Jens Voss)