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Das WESTFALEN-BLATT zur Suche nach einem neuen Bundespräsidenten

Archivmeldung vom 20.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wer hätte das gedacht: Da suchen unsere Politiker einen neuen Bundespräsidenten, da wird der ganz große Konsens für einen gemeinsamen Kandidaten parteiübergreifend beschworen - und keine 48 Stunden nach Beginn endet die Präsidentensuche zwischenzeitlich in einem Desaster. Daran wird auch die späte Einigung und vielleicht auch Einsicht gestern Abend nichts ändern können. Egal, ob der neue Bundespräsident spätestens am 18. März nun Joachim Gauck heißt oder nicht: Die Kandidatensuche wird in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen und darin ein trauriges Kapitel einnehmen.

Kurz nach dem Wulff-Rücktritt hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch betont, bei der Auswahl eines Nachfolgers den parteiübergreifenden Konsens suchen zu wollen. Und SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich bereit für »offene und faire« Gespräche. Nur einen Tag später scheint es so, als wären sämtliche Absichtserklärungen entweder nicht ernst gemeint gewesen oder niemals geäußert worden. Denn was unmittelbar folgte, war der Beginn einer Präsidentensuche, die nur noch als unwürdig bezeichnet werden kann. Bereits am Freitagabend hatten sich die Parteivorsitzenden der Koalition allein getroffen. Ziel war es, sich schnell auf einen Kandidaten zu verständigen, um dann die Opposition einzubeziehen. Spätestens als am Samstag die ersten Namen die Runde machten und bereits zwei Absagen honoriger Kandidaten vorlagen, waren die Aussagen von Freitag nur noch Schall und Rauch. Dabei hatten nach der Wulff-Pleite alle Politiker betont, wie wichtig es sei, erstens eine präsidiale Persönlichkeit zu finden und zweitens dafür zu sorgen, dass das ohnehin schon beschädigte Amt nicht noch mehr Schaden nehmen muss. Aber genau das Gegenteil ist nun der Fall. Angela Merkel hat es versäumt, die Opposition frühzeitig einzubeziehen. Ihr Plan, sich vorab mit der FDP und CSU zu einigen, ging schief - und führte gestern sogar in die bisher größte Krise der Koalition - Ende offen. Nicht besser die Opposition: Von »offenen und fairen« Gesprächen, die Sigmar Gabriel in Aussicht gestellt hatte, konnte schon am Samstag keine Rede mehr sein, als der SPD-Chef sich bereits auf Joachim Gauck festgelegt hatte. Das Personalkarussell drehte sich in Höchstgeschwindigkeit, das Geschacher um die Kandidaten nahm seinen Lauf. Es wurden Namen genannt und wieder verworfen und damit am Ende auch das höchste Amt im Staat erneut beschädigt. Angela Merkel und ihr dritter Versuch, einen geeigneten Kandidaten für das höchste Amt im Staat zu finden, ist beendet. In allerletzter Sekunde hat sie ihren Kurs geändert. Sie wird sich Kritik gefallen lassen müssen. Ihr wird erneut Führungsschwäche nachgesagt werden. Aber auch die größten Kritiker werden ihr zugute halten, dass bei ihr die Einsicht gesiegt hat - wenn auch spät.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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