Neues Deutschland: zu Fußball-WM und Korruption in Italien
Archivmeldung vom 30.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie WM tritt heute in eine noch spannendere Phase. In Deutschland und der angeschlossenen Fernsehwelt dürfte sich der selig machende Tunnelblick weiter fokussieren. Wer da ein Haar in der Suppe sieht, kann von Glück reden, nur als Spaßverderber oder Miesmacher zu gelten.
Sei's drum. Die Duplizität der Ereignisse ist frappierend.
Hier Hochzeit der Fußball-WM, dort, nämlich in Italien, seit gestern
Prozess gegen eine Manipulationsverschwörung. 26 Klubfunktionäre,
Schiedsrichter und Assistenten sind angeklagt. Meister Juventus
Turin, Lazio Rom, AC Mailand und AC Florenz droht der Zwangsabstieg
aus der ersten Liga.
Das alles habe bestenfalls etwas mit dem Hoyzer-Skandal, aber doch
nichts mit der WM gemein, mag man einwenden. Warum eigentlich nicht
mit der WM? Man schaue sich nur einige Schiedsrichterleistungen der
letzten Tage an sowie die überreizte FIFA-Reaktion darauf. Und man
erinnere sich an die ominösen Spielleitungen bei der WM 2002, mit
denen Südkorea (als ein Gastgeber) und Brasilien (als ein Favorit)
bis ins Halbfinale bzw. Finale durchgepfiffen worden sind. Zumindest
kam dieser Verlauf den Veranstaltererwartungen aufs Glücklichste
nahe.
Sicher, Pauschalieren ist eine Schwäche, präziser: Unart. Verdrängen
aber auch. Gäbe es den Skandal in Italien nicht, hätte einer der dort
jetzt so massiv Angeklagten, Star-Schiedsrichter Massimo de Santis,
jedenfalls flott als WM-Referee gewirkt. Vielleicht heute sogar im
Viertelfinale. Dass eventuell immer noch ein Santis nebst
Hintermännern im WM-Spiel ist, kann aber wohl nur ein notorischer
Spaßverderber, Miesmacher und Verschwörungstheoretiker annehmen.
Oder?
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland