Rheinische Post: Abschied vom Phrasendreschen
Archivmeldung vom 21.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie viel beschworenen Werte sind im Laufe der Jahre zu Phrasen verkommen, die kaum noch jemanden hinterm Ofen hervorlocken: Die CDU setzt auf Gerechtigkeit - wer nicht? Die CDU steht für Freiheit - die FDP ebenfalls. Die CDU baut auf Solidarität - irgendwie auch das.
Die CDU will sich nicht länger hinter wohlfeilen Stichwörtern
verstecken, sondern sucht die überfällige Auseinandersetzung mit sich
selbst. Angela Merkel treibt ihre Partei in eine Grundsatz-Debatte,
in der es nur vordergründig um Konsequenzen auf das enttäuschende
Wahlergebnis von 2005 geht. Es geht vielmehr ums Fundament dieser
Gesellschaft. Kostprobe: Was bedeutet Solidarität, wenn Länder, denen
man gerade Entwicklungshilfe gewährt hat, sich plötzlich als
Konkurrenten auf dem Weltmarkt breit machen? Ist es Freiheit oder
Maßlosigkeit, auf embryonale Stammzellforschung als Rettungsanker für
Schwerkranke zu setzen? Und: Welchen Wert haben Bindungen an Familie
und Heimat in einer Welt, in der Mobilität buchstäblich
überlebenswichtig ist? Stellt sich die CDU tatsächlich diesen
Debatten, kann dies dem Land insgesamt nur nutzen. Bei den Reaktionen
auf die islamistischen Gewalt-Exzesse jedenfalls fällt auf, dass kaum
jemand positiv benennen kann, was denn unsere eigene Gesellschaft
zusammenhält. Ein Feindbild als Negativ-Vorlage fürs Eigenbild aber
ist eine gefährliche Sache.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post