Westfälische Rundschau: Kommentar Eva Hermann
Archivmeldung vom 11.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo weit ist es gekommen: Jetzt muss man schon Eva Herman verteidigen. Warum? Weil die Heuchelei, die Sensationsgier und die sinnentleerte Ritualisierung einer vorgeblichen politischen Korrektheit auch beim besten Willen nicht mehr zu ertragen sind. Weil der Umgang mit einer schriftstellernden Fernsehansagerin beispielhaft den Zynismus offenlegt, mit der die "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland professionalisiert worden ist.
Nach allem, was man bisher von ihr gehört und gelesen hat, kann
man über Eva Herman mit Sicherheit Folgendes sagen: Sie vertritt ein
sehr einseitiges, in Teilen reaktionäres Frauenbild. Sie will Bücher
verkaufen. Und sie hat sich in Formulierungen verheddert, die man als
missverständlich oder besser gleich als dämlich bezeichnen darf. Es
gibt aber kein Indiz dafür, dass Frau Herman Sympathie für den
Nationalsozialismus hegt.
Dass sie die Empörungsmaschinerie trotzdem so stabil auf hohen
Touren hält, sagt mehr über die Empörten aus als über Herman. Über
einen Talkmaster, der mit einem gezielten Eklat seine Einschaltquote
pflegt. Über ein Boulevardblatt, das vorne über Herman geifert und
hinten historische "Liebesbriefe an den Führer" druckt. Über
drittklassige Prominente, die sich mit entrüstetem Geplapper als
Gutmenschen gerieren und abends wieder reinen Gewissens obszönes
Trash-TV auf Kosten von Minderheiten und Minderbemittelten
veranstalten dürfen.
Deshalb ist der Fall Herman so ärgerlich: Weil solche Rituale
immer öfter an die Stelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit
dem noch heute verbreiteten Nazi-Gedankengut treten. Weil sie den
grundfalschen Eindruck vermitteln, dass es Wahrheiten gebe, die man
nur aus Gründen der politischen Korrektheit nicht sagen dürfe.
Wer ständig nur Säcke drischt, wird die Esel nie treffen. Und die wiehern darüber vor Vergnügen.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Rundschau