Neue OZ: Wahrheit nur scheibchenweise
Archivmeldung vom 12.04.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEvakuierungen sind eine logistische Herausforderung für Polizei, Feuerwehr, Behörden und ehrenamtliche Helfer. Und eine höchst emotionale Belastung für alle, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen müssen oder schon verloren haben. Dass Japan nach Erdbeben, Tsunami und AKW-GAU bereits 300 000 Menschen in Auffanglagern untergebracht hat, verdient zwar Respekt. Zumal sich die Zahl der Evakuierten nach Ausweitung der Sperrzone noch deutlich erhöhen dürfte und nicht abzusehen ist, wie lange der Notstand anhält.
Dennoch: Ministerpräsident Naoto Kan gibt im Krisenmanagement alles andere als eine gute Figur ab. Wer auch einen Monat nach der Katastrophe immer nur scheibchenweise mit der Wahrheit herausrückt, macht sich unglaubwürdig und handelt verantwortungslos. Schon tagelang warnen Umweltschützer vor der drastisch erhöhten radioaktiven Strahlung außerhalb des 20-Kilometer-Radius um die AKW-Ruine Fukushima. Auch in der Horroranlage selbst wird eher herumprobiert, als in Abstimmung mit internationalen Experten gehandelt.
So schafft man kein Vertrauen - weder bei der eigenen Bevölkerung noch beim Rest der Welt, der tatenlos zusehen muss. Zugegeben: Eine Patentlösung, wie bei einer derartigen Havarie zu verfahren ist, hat niemand. Gerade deshalb symbolisiert Fukushima 25 Jahre nach Tschernobyl erneut den Fluch der letztlich nicht beherrschbaren atomaren Technik.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung