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Biden rockt die Wall Street

Archivmeldung vom 03.05.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.05.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Das kann doch nicht sein, das sind gewiss Fake News! So mag der frühere US-Präsident Donald Trump fühlen, wenn er auf die Performance der Aktienmärkte unter seinem Nachfolger Joe Biden blickt. Denn der von Trump als "Sleepy Joe" verhöhnte Biden rockt die Wall Street und hat in den ersten 100 Tagen mit einem Plus von rund 11 Prozent im marktbreiten S&P 500 eine bessere Performance erzielt als alle Amtsvorgänger seit 1961. Trump kam nach Berechnungen des Finanzportals Aktien-Depot zum Start beispielsweise nur auf ein Plus von 6 Prozent, John F. Kennedy erreichte immerhin 7 Prozent und George Bush sen. 8 Prozent.

Seit November, als sich der Wahlsieg des Demokraten manifestierte, hat die Wall Street gefeiert, dass mit Biden ein erfahrener und verlässlicher Mann an der Spitze der Vereinigten Staaten steht und kein unberechenbarer Chaot wie Trump. Und Biden hat in den ersten Tagen seiner Amtszeit eine Menge richtig gemacht. Er hat mit umfangreichen Hilfspaketen geklotzt. Hinzu kommen Impfungen in Rekordgeschwindigkeit. In den USA haben bereits rund 50 Prozent der Bevölkerung eine Erstimpfung, während Deutschland erst in etwa halb so weit ist. Diesen Erfolg hat Biden aber auch der Trump-Administration zu verdanken, die, anders als die EU, frühzeitig und großzügig Impfstoff bestellt hat. Der direkte und im Vergleich zur Alten Welt weniger bürokratische amerikanische Weg ist eben häufig effektiver.

Die US-Wirtschaft brummt im Moment geradezu mit einem BIP-Wachstum im ersten Quartal von satten 6,4 Prozent. "Geht ab wie eine Rakete!", stellt Patrick Franke von der Helaba, die gerade ihre Wachstumsprognose für die USA erhöht hat, fest. Zugleich sprudeln die Unternehmensgewinne. "In der aktuellen Quartalssaison haben bisher neun von zehn S&P-500-Unternehmen wie Amazon die Markterwartungen übertroffen", sagt Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck. Seiner Meinung nach sollten zahlreiche Makrodaten in der ersten Maiwoche den zunehmend beschleunigenden US-Aufschwung bestätigen. Insbesondere die ungezügelte Unterstützung der Fed und stetig neue, größer als erwartet angelegte Fiskalpakete der Biden-Administration befeuerten die Konjunktur. Greil prognostiziert: "Damit wird die US-Wirtschaft im zweiten Quartal wohl schneller als die chinesische wachsen."

"America is on the move again", hat Biden daher gerade in seiner Rede vor dem Kongress unterstrichen. Die Pandemie dürfte in den USA bald überwunden sein, die aufgestaute Konsumnachfrage ist immens, es entstehen wieder neue Jobs, und die Gewinne der Unternehmen klettern kräftig. Und die Wall Street feiert dies alles in einer großen Party.

Alles schön und gut, möchte man da meinen. Doch für Aktienanleger ist die Sache komplexer. In den vergangenen Jahren hat sich ein Engagement am US-Aktienmarkt zwar überdurchschnittlich gelohnt, und der S&P 500 hat zum Beispiel weitaus höhere Wertzuwächse als der Dax erzielt. Auch kommen die großen ertragreichen und schnell wachsenden Technologiekonzerne dieser Welt, Firmen wie Apple, Amazon, Microsoft oder Facebook, aus den USA und nicht aus Deutschland und Europa. Doch gibt es auch etliche Risiken an der Wall Street, die Investoren zumindest beachten sollten. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die amerikanischen Aktienmärkte im historischen Vergleich in Form einer relativ hohen Bewertung bereits vieles vorweggenommen haben.

Da ist zum einen der Umstand, dass die US-Wirtschaft aus der Pandemie kommend gerade ex­trem schnell wächst. Das wird sich aber nicht auf die Dauer fortsetzen, der Aufschwung wird sich ebenso wie das Wachstum der Unternehmensgewinne absehbar abschwächen. Als nicht unerheblicher Belastungsfaktor könnten sich auch die Steuerpläne Bidens erweisen. Denn der Demokrat plant eine höhere Steuerlast für Unternehmen, was, wenn er damit durchkommt, die Firmengewinne drücken würde. Stratege Frank Klumpp von der LBBW sagt zu den Steuererhöhungen: "Noch ist nichts beschlossen, aber dies dürfte an den Börsen nicht spurlos vorübergehen."

Hinzu kommt, dass die US-Notenbank den Fuß desto eher ein wenig vom monetären Gaspedal nehmen dürfte, je länger der Aufschwung dauert und je stärker er ausfällt. Auf diesbezügliche Signale der Fed reagieren die Märkte sehr sensibel. Vorerst ist aber zunächst einmal Party an der Wall Street angesagt. Und dies sind keine Fake News.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Werner Rüppel

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